Stadt-Teilchen Auf der Jagd nach den schönen Wortspielen: Die Düsseldorfer Kalauer

Düsseldorf · Unser Kolumnist Hans Hoff sieht sie überall: Lustige Wortspiele. Auf Straßenbahnen (“Appfahrbereit“) oder vor einer Frittenbude: „I believe I can fry“.

 So wird vor einer Pommesbude geworben: „I believe I can fry“.

So wird vor einer Pommesbude geworben: „I believe I can fry“.

Foto: Hans Hoff

Ich bin der Jäger des verlorenen Wortspiels. Würde Steven Spielberg einen Abenteuerfilm über die Jagd nach dem ultimativen Kalauer drehen, ich wäre mit Sicherheit die Idealbesetzung. Darf ich mich vorstellen: Indiana Hoff. Ich habe ein großes Faible für Wortwitze, besonders für schlechte. Ich kann keinen liegen lassen, und manche in meiner Familie haben schon Kopfschmerzen vom Augenrollen, wenn ich mal wieder rumkalauere, wenn ich also mit der doppelten Bedeutung eines Begriffs spiele und versuche, witzig zu sein.

Dementsprechend war ich kürzlich schwer elektrisiert, als eine Bahn an mir vorbeifuhr und ich auf eben dieser einige in meinen Augen gar nicht mal so unwitzige Wortspielereien entdeckte. Es ging um die Rheinbahn-App, so viel verstand ich. Aber bevor ich meinen Block zücken und mir die Gags notieren konnte, war die Bahn entschwunden, und ich hatte schon wieder vergessen, was auf ihr stand.

 „Appfahrbereit“: Das Wortspiel auf einer Bahn, auf der für die Rheinbahn-App geworben wird.

„Appfahrbereit“: Das Wortspiel auf einer Bahn, auf der für die Rheinbahn-App geworben wird.

Foto: Hans Hoff

Sofort war mir klar, dass ich diese Bahn wiederfinden musste. Schließlich hatte ich schon viel gehört vom Einfallsreichtum der Rheinbahndichter. Die hatten doch vor Karneval die Kotztüten in den Triebwagen mit „bahnbrechend“ beschriftet, und das fand ich so wunderbar vieldeutig, dass ich mich spontan in Ehrfurcht vor solchem Einfallsreichtum verneigte. Meine Frau hat sogar gelacht, als ich ihr von der Tütenaufschrift erzählte. Sie hat so sehr gelacht, wie sie bei meinen Wortwitzen noch nie gelacht hat. Es begann eine wilde Jagd.

Da ich die Bahn auf der Brunnenstraße gesehen hatte, postierte ich mich am Bilker Bahnhof. Ich stand dort mit meiner Smartphonekamera und wartete auf meinen Sonderzug aus Kalau. Mal stand ich am Bahnsteig der stadteinwärts rauschenden Linien, mal postierte ich mich gegenüber. Ich stand dort eine gute Stunde, ging so oft hin und her, dass ich von dem dort anwesenden Sicherheitspersonal sicherlich schon für einen potenziellen Attentäter gehalten wurde, und ich fror erbärmlich.

 WZ-Kolumnist Hans Hoff.

WZ-Kolumnist Hans Hoff.

Foto: NN

Irgendwann brach ich die spontane Forschung ab und entschied mich für einen anderen Weg. Ich parkte mein Auto in Privatdetektivmanier an der Brunnenstraße und beäugte aus ihm heraus jede heran rauschende Bahn. Allein, ich sah nicht, was ich sehen wollte. Es rauschte und rauschte, aber nichts war zu sehen von der App-Reklame. Nach wieder einer Stunde, in der heftiger Nieselregen meine Sicht trübte und es dunkelte, beschloss ich, aufzugeben.

 Ein Kalauer an einer Bilker Wand.

Ein Kalauer an einer Bilker Wand.

Foto: Hans Hoff

Vorher schrieb ich noch eine Mail an die Presseabteilung der Rheinbahn. Ob sie nicht für mich herausfinden könnte, auf welcher Bahn die Sprüche stehen und wann ich diese Bahn wo finden kann. Ich fand nur schwer in den Schlaf in dieser Nacht.

Am Morgen war ich früh auf und folgte sofort einer schier genialen Eingebung. Ich fuhr zur Heinrich-Heine-Allee und hockte mich dort in der U-Bahn-Station auf einen der Drahtflechtstühle. Als Indiana Hoff bin ich es gewohnt, mich in brenzlige Situationen zu begeben. Da setze ich mich auch mal in solch ein unbewuemes Sitzmöbel, das mehr zum Stehen als zum Sitzen animiert. Ich sah Bahnen kommen und gehen und gehen und kommen. Wenigstens war mir nicht kalt.

Nach einer Stunde dann die Erlösung. Eine U73 rauschte herein, ganz in rot, und auf ihr sah ich wieder, was ich gesucht hatte. Da war sie die Werbung für die Rheinbahn-App. Da waren meine Wortspiele. „Appfahrbereit!“ stand auf einer Stelle und „Immer auf Appruf“ an einer anderen. Bei weitem nicht so witzig wie die Sache mit den bahnbrechenden Tüten, aber doch immerhin besser als vieles, was ich mir manchmal so einfallen lasse.

Kaum war die U73 wieder weg, surrte mein Schlauphon und ich erhielt Nachricht von der Rheinbahn-Pressestelle. Dort hatte man für mich fleißig recherchiert und kredenzte mir nicht nur den Fahrplan der U73, sondern auch noch ein weiteres Wortspiel: „App geht‘s“.

Natürlich inspirierte mich das sofort zu weiteren billigen Wortspielen der Hoffschen Art. Ich dichtete einen Wencke-Myhre-Song um und sang „Beiß nicht gleich in jeden App-fel“. Ich dachte darüber nach, den Papierkorb auf meinem PC in „App-fallbehälter“ umzubenennen. Ich kam in einen kleinen Kreativrausch, erfand die App-otheke und den App-laus, um dann bei der Recherche im Internet herauszufinden, dass mir da andere längst zuvorgekommen waren. Ich rief meine Frau an und erzählte ihr schwer euphorisiert von meinen Innovationen. Sie seufzte. Ich konnte ihr Augenrollen durch die Leitung hindurch hören.

Ich ging weiter durch die Stadt, und auf einmal sah ich mich umzingelt von schlechten Wortwitzen. Ich stieß auf die Pommesausgabestelle, die aus dem Hit „I believe I can fly“ kurzerhand „I believe I can fry“ gemacht hatte. Braten statt fliegen, darauf muss man erst mal kommen.

Ich las bei einem Hörgeräteakustiker den Spruch „Für mich soll‘s tote Hosen regnen“, merkte aber bald, dass ich auf abstruse Abwege geriet. Schwer App-gefahren das Ganze, dachte ich. Ich kam halbwegs wieder zur Besinnung, als ich in einem Bilker Einkaufszentrum wieder auf direkte Brüder im Geiste stieß. Also nicht direkt auf Brüder, aber doch auf die Produkte eben dieser. „Bilk dir was drauf ein“ stand da und „Bilk Bang“ anstatt „Big Bang“. Yeah, das waren echte Augenroller, da hat jemand aus meiner Liga der schlechten Wortwitzler gedichtet und schöne Grüße aus der Wortspielhölle geschickt. Ich fühlte mich gleich zu Hause und bilkete mir schwer was darauf ein.

Ich rief meine Frau an und sagte ihr, dass mein Werk für heute vollendet sei, dass Indiana Hoff nunmehr heimkehren werde. Sie sagte nichts außer „Ja“ und unterdrückte so leise ein Seufzen, dass ich es hören konnte, obwohl ich es doch nicht hören sollte. Sie weiß, dass man mich am besten in Ruhe lässt, wenn ich mich geistig verirre und unendlich viel Spaß dabei habe. Ich beschloss, meinen Heimweg zu beschleunigen und mietete ein am Straßenrand parkendes Gefährt, natürlich einen Augenroller. Hihi.

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