Düsseldorf Kloputzen statt Champagner - Achenbach richtet sich im Knast ein

Von den millionenschweren Kunstmessen zum Essensausträger im Knast: Der Sturzflug des verurteilten Kunstberaters Helge Achenbach könnte steiler kaum sein. Aber unterkriegen lässt sich der gefallene Kunstexperte nicht.

Helge Achenbach wäscht Trikots im Gefängnis.

Helge Achenbach wäscht Trikots im Gefängnis.

Foto: Rolf Vennenbernd

Düsseldorf (dpa). Sechs Jahre Gefängnis, Millionen Euro Schadensersatz, das Firmenimperium zerstört, 2400 Kunstwerke zwangsversteigert: Das Jahr 2015 dürfte für den einst schillernden Kunstberater Helge Achenbach das schwärzeste in seinem Leben gewesen sein.

Schon seit Juni 2014 sitzt der einstige Strippenzieher der Kunstszene im Essener Untersuchungsgefängnis. In einem der spektakulärsten Prozesse der deutschen Kunstszene verurteilte das Landgericht Essen ihn im März 2015 zu sechs Jahren Haft. Er habe seinen Duzfreund, den 2012 gestorbenen Aldi-Erben Berthold Albrecht, bei Kunst- und Oldtimer-Deals um rund 20 Millionen Euro betrogen. Ein Teilgeständnis unter Tränen und reuige Entschuldigungen halfen nicht viel.

„Auch Superreiche sind kein Freiwild“, sagte Richter Johannes Hidding. Die Revisionsprüfung des Urteil durch den Bundesgerichtshof steht noch aus. Anträge von Achenbachs Anwälten, die U-Haft auszusetzen, schmetterten die Gerichte ab - mit dem Argument der Fluchtgefahr.

Der kumpelhafte Achenbach (63), zu dessen Partys sich die Düsseldorfer Society immer gern einladen ließ, ist aber so leicht nicht unterzukriegen. Im Knast richtete er sich inzwischen ein. Er ist Essensträger und Sportwart, wäscht Trikots, putzt Duschen und Toiletten, singt im Chor und lernt malen. „Ich bin der Gefangene Nr. 1“, zitiert ihn seine Frau Dorothee Achenbach.

Diese steht derweil vor den Trümmern des einstigen Jetset-Lebens und schrieb ein Buch darüber. „Meine Wäsche kennt jetzt jeder“ heißt ihre Abrechnung mit den Anwälten, den Medien - und ihrem eigenen Ehemann. Während die zweifache Mutter mit Gerichtsvollziehern und Gläubigern kämpft, schreibt der in der Haft abgeschottete Ehemann: „Ich habe jetzt verstanden. Es gibt ein Leben nach dem Reichtum. Eine höhere Ebene.“

Draußen haben Insolvenzverwalter und Gerichte weiter viel zu tun. Das Kunstdepot von Achenbachs insolventen Firmen wurde im Frühsommer in einer Marathonauktion komplett zwangsversteigert. Rund 7,5 Millionen Euro brachte die Insolvenzmasse ein.

Streit gibt es um die Reste des einstigen Vermögens. Eine Serie von Prozessen um die Achenbach-Affäre wird die Gerichte auch 2016 beschäftigen. Umstritten ist etwa, wer Anspruch auf Achenbachs gepfändeten Anteil an der renommierten Kunstsammlung Rheingold hat. Dorothee Achenbach versuchte unterdessen vergeblich, vor Gericht ein durch die Aldi-Erben gepfändetes Nagelbild von Günther Uecker im Wert von einer halben Million Euro zurückzubekommen. Das Urteil will sie nicht hinnehmen.

Die Albrecht-Familie wiederum fordert vom Ehepaar Achenbach in einer weiteren Klage, die im Februar vor Gericht verhandelt werden soll, fast eine Million Euro aus dem Verkauf von vier Skulpturen des Künstlers Juan Muñoz zurück. Das sind praktisch „Peanuts“ im Vergleich zu der Schadensersatzforderung der Erben von insgesamt 24 Millionen Euro. Nur ein kleiner Trost dürfte für Achenbach sein, dass sich da ein Vergleich abzeichnet: Möglicherweise soll er „nur“ noch 15 Millionen zahlen.

Dass das Geld in dieser Höhe auch fließen wird, bezweifeln die Anwälte. 166 Euro verdiene Achenbach im Monat im Knast - von denen 86 Euro sofort gepfändet würden, schreibt seine Frau. Ihr Mann schmiedet derweil Pläne für die Zukunft: „Mich abzuschreiben, das wäre falsch ... ich komme schon zurück“, sagte er im Knast-Interview.

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