Kirche soll dienen, statt protzen

Pater Wolfgang Sieffert sprach in Gerresheim darüber, was die Kirche ausmacht.

Düsseldorf. Welch ein aktueller Veranstaltungstitel: „Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts.“ „Als wir sie planten, ahnten wir aber noch nichts von Papst Franziskus und erst recht nichts von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst“, sagte Barbara Krug, Vorsitzende der Bürgerstiftung Gerricus, die zu dem Abend in Gerresheim eingeladen hatte.

Aber natürlich konnte sich Dominikaner-Pater Wolfgang Sieffert zu Beginn seines Vortrags einen Seitenhieb auf den Bischof von Limburg nicht verkneifen: „Was ist Kirche?“ fragte er. Und lieferte gleich die Antwort: „Der Dienst an den Armen und das Leben mit ihnen macht sie aus. Insofern macht Bischof Tebarz-van Elst alles richtig: Er macht die Kirche arm.“

Im fast vollbesetzten Großen Saal des Stiftsgebäudes fand der Geistliche aufmerksame Zuhörer, als er an die Bedeutung der Caritas, der sozialen Hilfsorganisation der katholischen Kirche, ebenso anknüpfte wie an den bevorstehenden Gedenktag von Sankt Martin, der einst seinen Mantel mit einem Bettler teilte. „Die Apostelgeschichte macht das Teilen zu einer Kernfrage des Christentums“, hob der Geistliche hervor.

Also dürfe die Kirche nicht in Ritualen erstarren, um sich selbst zu genügen, sondern sei nur dann auf der Höhe der Zeit, wenn sie sich für den Dienst an den Menschen öffne, ihnen in Armut und Not beistehe. Pater Wolfgang selbst gibt Beispiel für diese Haltung, etwa bei der Armenküche.

„Die Kirche ist draußen zu Hause und findet sich selbst nur in und mit den Menschen, wenn sie sich für Gerechtigkeit einsetzt“, betonte der Ordensmann und erinnerte immer wieder an das 2. Vatikanische Konzil (1962 - 1965), das von Papst Johannes XXIII. einberufen wurde — der grundlegende Aufbruch der katholischen Kirche in die Moderne.

Das auf diesem Konzil von den Bischöfen beschlossene Dokument „Gaudium et Spes“ (Glaube und Hoffnung) verkörpere diesen Gedanken, die Glaubensbotschaft dem Zeitgeist anzupassen und nicht in formalen Regeln zu erstarren. In Folge des Konzils sei von einem Großteil der Bischöfe ein „Kirche-der-Armen-Pakt“ geschlossen worden, dessen Impuls im Laufe der Jahre aber verloren gegangen sei und systematisch verschwiegen werde — aus den Gründen „Selbsterhalt, Macht und Angst“.

Pater Sieffert: „Die oberste Priorität ist der Nächste und nicht die Weitergabe des Glaubens.“ Und: „Wenn wir nicht mehr die Köpfe waschen, sondern die Füße, kommen wir ein Stück weiter.“ Insofern sei der neue Papst Franziskus, der Bescheidenheit vorlebt, in einer guten Spur. Zur Erinnerung: Bei der traditionellen Fußwaschung zu Ostern hatte das Kirchenoberhaupt nicht wie üblich Priester oder Kirchenmitglieder ausgewählt, sondern Insassen eines Jugendgefängnisses — unter ihnen auch Muslime.

Pater Wolfgang dürfte vielen Katholiken, die sich eine Modernisierung ihrer Kirche wünschen, aus dem Herzen gesprochen haben, als er sagte: „Wir werden sehen, was sich an den diskriminierenden Ausgrenzungen von Frauen in der Kirche tut.“ Zunächst aber gilt es, den Skandal um den Limburger Bischof aufzuarbeiten.

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