Düsseldorf Kiffende Schüler fallen heute öfter auf

Drogenberater relativieren LKA-Bericht, wonach mehr Schüler Cannabis konsumieren. Uneinig sind sie in der Frage der Legalisierung.

Düsseldorf. „Immer mehr Drogen an Schulen in NRW“ titelte auch diese Zeitung vor einigen Wochen. Laut Landeskriminalamt hatte sich die Zahl der Rauschgiftdelikte gegenüber 2011 mehr als verdoppelt. Die Drogenhilfe-Experten in Düsseldorf glauben allerdings nicht, dass tatsächlich heute mehr Schüler Cannabis konsumieren als vor zehn Jahren: „Die Aufmerksamkeit bei Lehrern, Eltern, Behörden ist gewachsen, deshalb fallen mehr auf“, sagt Birgit Schmitz von der Drogenberatung Kommpass.

Zahlen für Düsseldorf gibt es zwar nicht, aber auch Karl-Heinz Broich von der Suchtberatung der Diakonie, die jetzt mit der Drogenhilfe und der Fachstelle der Caritas die gemeinsame Suchtprävention „Crosspoint“ betreibt (siehe Info-Kasten), verweist auf Erhebungen des Bundes: „Danach gehen Tabak-, Alkohol- und Drogenkonsum insgesamt zurück. Dafür rauchen immer mehr Mädchen oder greifen Jugendliche, wenn sie trinken, öfter zu Hochprozentigem.“

Verharmlosen dürfe ohnehin niemand das Problem Sucht. Noch immer wollten Schulen davon nichts wissen, weil sie um ihren Ruf fürchten, sagt Doris Heckmann-Jones vom Drogenhilfe-Verein: „Natürlich gibt es keine weiterführende Schule in Düsseldorf ohne kiffende Schüler. Gut ist, dass immer mehr Schulen unsere Beratungsangebote wahrnehmen.“

Birgit Schmitz staunt in der Beratung immer wieder, wie kurzfristig Jugendliche etwa die Folgen ihres Cannabis-Konsum sehen: „Problematisch ist das für sie wenn überhaupt nur, weil ihnen dann Geld für Klamotten fehlt oder ihre Zähne gelb werden.“ Dass sie eine Straftat begingen, sei den meisten zwar bekannt, aber nicht wirklich bewusst.

Meist ginge es bei Schülern um „Probierkonsum“ aus Neugier, „regelmäßiger Konsum hat einen Anlass und kann sich schnell verselbständigen“, sagt Schmitz. Dann komme es darauf an, dass die Betroffene oder ihre Eltern Hilfe suchten, wobei Schmitz feststellt, dass Eltern heutzutage vermehrt die Sache liberal sähen: „Die erlauben dann sogar den Joint auf dem Balkon, weil sie glauben, dass sich so der Konsum der Kinder besser kontrollieren lasse als mit bloßen Verboten.“ Birgit Schmitz hält das für einen Irrtum, so wie sie auch gegen eine Legalisierung des Cannabis-Konsums ist: „Es würde die Rechtssicherheit noch mehr aufweichen. Und wenn es immer heißt, Rauchen und Trinken seien die größeren Probleme, aber erlaubt, frage ich mich: warum soll man dann noch ein drittes Problem größer machen?“

An dieser Stelle widerspricht das neue Netzwerk Crosspoint. „Ich bin aus pragmatischen Gründen längst für eine kontrollierte Freigabe von Cannabis an Volljährige“, sagt Nobert Hennenberg vom Drogenhilfe-Verein, „denn die Kriminalisierung hat nichts gebracht.“ Eine vernünftige Begleitung der Konsumenten sei sinnvoller, zumal so der illegale und unübersichtliche Drogenmarkt transparenter werde. Hennenberg: „Aber klar ist auch: Der Stoff ist in letzter Zeit durch höheren THC-Gehalt gefährlicher geworden und birgt für Jugendliche große gesundheitliche Risiken.“

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