Düsseldorf Kein Asyl für Facebook-Flüchtling

Ashraf Alhoumadi, der Düsseldorfer im Netz diesen Sommer rührte, soll zurück in den Irak. Wo ihm wohl der Tod droht.

Düsseldorf. Der Iraker Ashraf Alhoumadi und seine Familie haben im Sommer viele Menschen im Sozialen Netzwerk Facebook gerührt: Über die Gruppe „Nett-Werk Düsseldorf“ suchte der Flüchtling Anschluss in Friedrichstadt, um Deutsch zu lernen und Freunde zu finden. Tausende Düsseldorfer reagierten, viele Menschen hat Alhoumadi seither kennen gelernt. Doch jetzt wurde sein Glück in der neuen Heimat erschüttert: Das Bundesamt lehnte seinen Asylantrag ab. Obwohl ihm nach eigener Aussage im Irak der Tod droht, soll der 36-Jährige zurück.

Düsseldorf: Kein Asyl für Facebook-Flüchtling
Foto: Judith Michaelis/Juliane Kinast

„Als der Brief kam, musste ich weinen. Es war so ein Schock“, berichtet Ashraf Alhoumadi. „Meine Frau konnte nicht mehr schlafen. Ich habe ihr gesagt: Mach’ dir keine Sorgen. Wir können noch etwas tun.“ Kopfschüttelnd sitzt der Iraker mit dem Brief des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in der Hand in seinem kleinen Zimmer im vierten Stock an der Gustav-Poensgen-Straße. Zwei große Betten und ein kleines Gitterbett, eine Küchenzeile und ein Tisch — das ist jetzt sein Zuhause. Seine fünfjährige Tochter Haya räumt die Teller vom Tisch und wischt ihn ab, lächelt dabei immerzu. Der drei Jahre alte Musa hüpft auf dem Bett auf und ab. Am Fenster klebt ein Zettel: „Das Fenster“, am Schrank ein Rheinbahnfahrplan und eine Liste mit Sätzen wie: „Ich möchte bezahlen“ und „Können Sie mir helfen?“ Alhoumadis Frau Halah ist gerade bei einem Treffen mit Menschen, die gemeinsam Deutsch lernen wollen.

Seit sie ihre Heimat vor einem Jahr verließ, kämpft die Familie. Um wegzukommen, aber auch, um in Düsseldorf anzukommen. Ashraf Alhoumadi floh mit der kleinen Tochter als Erstes, dann folgten seine Frau und die beiden Söhne. Mit dem Flugzeug in die Türkei, im klapperigen Flüchtlingsboot nach Griechenland, tagelang im Bus bis nach Deutschland. Der Vater ließ einen guten Job als Ingenieur zurück, ein großes Haus, Auto. Tauschte all das bewusst ein gegen sein kleines Kämmerchen in Düsseldorf. „So etwas macht man doch nicht für einen Ausflug! Ist das kein Beweis, dass ich fliehen musste?“, fragt sich der Vater.

Nicht für die Behörde. In der Ablehnung steht zwar, dass Alhoumadi in seiner Anhörung schilderte, wie er von der schiitischen Miliz Asayeb Ahi Bel für den Kampf gegen den IS angeworben werden sollte — was er seiner Familie wegen ablehnte. Wie er auf offener Straße geohrfeigt und mit der Waffe bedroht worden sei. Wie er zu seinen Schwiegereltern geflüchtet sei und nachts bewaffnete Männer bei seiner Frau auftauchten, nach ihm fragten, auf das Haus schossen. Trotzdem, so heißt es in dem Schreiben, glaube man nicht, dass Ashraf Alhoumadi noch Verfolgung drohe, wenn er zurückkehrt. Der hingegen hat große Angst: „Ich sage die Wahrheit“, beteuert er. „Die wollen mich töten!“

Mit Hilfe eines Anwalts will Alhoumadi gegen die Ablehnung klagen. „Er sagt, die Chancen stehen 50:50.“ Auch für Oliver Ongaro von der Flüchtlingsinitiative „Stay!“ ist der Bescheid „keine Überraschung“: „Wir erleben das ganz oft. Es werden unmögliche Fragen in der Anhörung gestellt — oder den Menschen einfach nicht geglaubt.“ Aber er macht Ashraf Alhoumadi auch Mut: „Dagegen muss man angehen.“ „Stay!“ will den Iraker unterstützen.

Der 36-Jährige will mit aller Kraft für die Zukunft seiner Familie in Düsseldorf kämpfen. Yousif (7) lernt hier im Reit- und Ponyclub Reiten, besucht die Grundschule Sonnenstraße und spricht schon gut Deutsch. „Für nächstes Jahr habe ich auch schon Haya dort angemeldet“, erzählt der stolze Vater. Der kleine Musa hat großen Spaß im Kindergarten. Und er selbst will wieder am Aachener Platz Fußball mit seinen neuen Freunden spielen, sobald seine Knieverletzung auskuriert ist. „Ich habe hier so viele Menschen getroffen“, sagt Alhoumadi — trotz allem dankbar. Dieses neue Heimatgefühl will er nicht aufgeben.

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