Karriere-Einstieg Grundschule: Mit fünf in den Unterricht?

Auch im nächsten Schuljahr wird es wieder viele „Kann-Kinder“ geben. Die Entscheidung für Eltern ist schwierig — und oftmals falsch.

Düsseldorf. Einschulung mit fünf, Turbo-Abi und anschließend ein Blitz-Studium in drei Jahren — der Zeitdruck in den Bildungskarrieren junger Menschen hat enorm zugenommen.

Obwohl der Stichtag für die Einschulung inzwischen auf den 30. September verschoben wurde, die Erstklässler also immer jünger werden, kommen in Düsseldorf jährlich über 200 I-Dötzchen als Kann-Kinder auf die Grundschulen. Für die Eltern ist das im Einzelfall eine schwierige Entscheidung — und häufig stellt sie sich im nachhinein als voreilig heraus.

Viele sprechen irgendwann in der schulpsychologischen Beratung vor: „Generell werden wir am häufigsten bei Schülern im zweiten und dritten Schuljahr angefragt, wenn Eltern von zu früh eingeschulten Kindern erste Probleme feststellen“, sagt der Leiter Stefan Drewes.

Diese Tendenz habe sich in den letzten Jahren verschoben, früher hätten Eltern noch verstärkt vor der Einschulung Beratung gesucht. Gerade emotionale Anforderungen seien für jüngere Kinder ein Problem. „In seltenen Fällen ist die vorgezogene Einschulung gut. Jüngere Kinder sind von der komplexen Situation überfordert, haben Probleme mit der Konzentration und Aufmerksamkeit“, sagt Drewes.

Im laufenden Schuljahr wurden 228 Kann-Kinder (von rund 4800 I-Dötzchen insgesamt) in Düsseldorf eingeschult und auch im kommenden werden es wieder über 200 sein . Langfristig hat die Zahl abgenommen, was aber nicht zuletzt daran liegt, dass die Erstklässler heute ohnehin jünger sind als vor zehn Jahren (siehe Kasten).

Die Entscheidung, ob ein Kind eingeschult wird, trifft die Schulleitung, wenn auch die seelische Reife der Kinder geprüft wird. „Dazu gehört es auch, nicht nur Rücksprache mit den Eltern, sondern auch den Erzieherinnen der Kitas zu halten“, sagt etwa Christine Kirschbaum, Leiterin der Paul-Klee-Grundschule.

Auch an der Brehmschule (Düsseltal), wo jährlich im Schnitt bis zu fünf Kann-Kinder eingeschult werden, wird dieses Prinzip verfolgt. „Wenn eine Erzieherin ein Kind so einschätzt, dass es noch nicht so weit ist, wird es auch nicht eingeschult“, sagt Konrektorin Christiane Schwenk.

An der Montessori-Grundschule in Flingern habe die Zahl der Kann-Kinder zugenommen — und die Schule hat sich darauf eingestellt. „Wir bieten unter anderem Ganztagsklassen mit Erziehern an, die den Kindern helfen“, sagt Schulleiterin Barbara Esser.

Die Gründe für eine vorgezogene Einschulung sind vielseitig. „Klar gibt es viele ehrgeizige Eltern. Oft liegt es aber an einer Unterforderung der über Dreijährigen in den Kitas“, sagt Svenja Kruse, Vorsitzende des Stadtelternrats. Zwar werde die enge Verzahnung zwischen Kitas und Schulen begrüßt, wenngleich „die Politik mehr in strukturierte Kita-Arbeit investieren sollte.

Heute landen 14 Monate alte Kinder mit Fünfjährigen in einer Gruppe, es ist doch logisch, dass sich Letztere unterfordert fühlen“, so Kruse. Stattdessen sollte es mehr Förderprogramme geben, „anstatt Kinder zu früh in die Schule zu schicken.“

CDU-Schulpolitikerin Sylvia Pantel sieht das anders: „Es war schlichtweg notwendig, Erzieherinnen auch in der Förderung unter Dreijähriger weiterzubilden.“ Ein Grund dafür seien die immer jüngeren Kita-Kinder. „Außerdem gibt es genug Förderung der älteren Kita-Kinder und immer noch das bewährte Konzept der Vorschule.“

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