Düsseldorf Karriere: Anna Dimitrova ist Mama und Chef

Seit zwei Jahren sitzt die 40-Jährige in der Vodafone-Geschäftsführung. Ihre Tochter (6) hat ähnlich große Pläne.

Düsseldorf: Karriere: Anna Dimitrova ist Mama und Chef
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Frauen-Wirtschaftsforum. In den Räumen der Industrie- und Handelskammer geht es um digitale Vernetzung für Frauen, zeigt eine Trainerin unter dem Titel „Weck’ die Chefin in dir“, wie man als Dame selbstbewusst auftritt. Eine Fotoausstellung zeigt „Kompetente Frauen im Bild“. Ihr Bild steht direkt in der Eingangshalle: Anna Dimitrova. Klein, zierlich, lange dunkle Locken. Schickes Kleid. Die 40-Jährige ist seit zwei Jahren Mitglied der Vodafone-Geschäftsleitung. Am Ernst-Schneider-Platz soll sie vermitteln, wie man sich als Frau in der Wirtschaftswelt behauptet. Dabei hat das für sie nie eine Rolle gespielt.

Für die gebürtige Bulgarin war immer klar: „Ich will Unternehmerin sein.“ Den Weg hatte ihr Papa vorgezeichnet, der seinen eigenen Weinhandel führte. „Eigentlich war der Plan, dass ich den übernehme.“ Zum Studium ging sie 1996 gemeinsam mit ihrem Freund nach Nürnberg, um die Grundlagen zu schaffen — Marketing, Wirtschaftsinformatik, Controlling. Doch dann entdeckte sie ihre Leidenschaft für die Telekommunikationsbranche, holte sich Papas Segen, bewarb sich bei Mannesmann und wurde genommen. Seither blieb sie dem Düsseldorfer Unternehmen treu. Über D2 bis Vodafone.

Anna Dimitrova stieg rasch auf. Ihr Geschlecht, sagt sie, habe sie dabei nie gespürt. Sie wurde Hauptabteilungsleiterin, dann Finanzchefin der Vodafone-Tochter in Tschechien. Da spielte es dann doch mal eine Rolle — allerdings anders, als man jetzt denken könnte. Man wollte sie. Sofort. Aber mit ihr saßen dort in der Chefetage dann fünf Frauen und nur drei Männer. „Sie dachten, es werden zu viele Frauen“, sagt Dimitrova und schmunzelt. Den Job bekam sie trotzdem.

Seit zwei Jahren ist sie jetzt zurück in Düsseldorf, als Geschäftsführerin „Strategy & Digital“. Sie wohnt in Oberkassel. „Ich laufe zum Büro.“ Sie arbeite viel, auch abends. Und irgendwie ertappt man sich dabei, wie man überrascht zusammenzuckt, wenn die 40-Jährige fast beiläufig fallen lässt, sie habe eine sechsjährige Tochter.

Ihr Mann ist der Freund, mit dem sie vor 20 Jahren aus Bulgarien nach Deutschland kam. Er studierte damals Geisteswissenschaften, arbeitet jetzt bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Und die sechsjährige Emma ist bei ihm. Anna Dimitrova lebt das Leben unzähliger Männer: kleine Pendlerwohnung, Familie von Freitag bis Sonntag. Weil sie es so möchte. „Ich präferiere es, mich hier voll auf den Beruf zu konzentrieren — und mein Wochenende gehört der Familie.“

Wie viele Stunden ihre Arbeitstage haben, zählt sie nicht. Es macht ihr ja Spaß. „Viele reden über Work-Life-Balance“, erklärt sie, „ich über Work-Life-Integration.“ So lange abends noch Zeit für einen Videochat mit ihrer Tochter bleibt, ist sie froh. Dass auch ihr Mann gleichzeitig Karriere machen kann, ist nicht zuletzt Dimitrovas Mutter und Schwiegermutter zu verdanken, die jeweils ein halbes Jahr in Belgien aushelfen. Osteuropäische Familienkultur habe Vorteile. Mit ihrem Papa telefoniert sie, während sie am Wochenende durch den Jubelpark in Brüssel joggt. „Wir sind sehr eng ...“

Durchgeplant war das alles nicht von Anfang an. Sie hätten damals beide gesagt: „Wenn ein Kind kommt, kommt ein Kind — und dann kriegen wir das hin.“ Als es so weit war, sagte sie ihrem Chef: „Ich bin schwanger — und ich komme nach vier Monaten wieder.“ Seither kriegen sie es hin. Und offensichtlich ist die Mama auch ein Vorbild. „Emma will Vodafone-Chefin werden“, sagt Dimitrova und strahlt. Vorher habe sie dem Mädchen allerdings erklären müssen, wie schwierig es ist, Prinzessin zu werden — das wäre dann doch erste Wahl gewesen.

Dass Emma es heutzutage schaffen kann — Konzern-Chefin, nicht Prinzessin —, davon ist Anna Dimitrova überzeugt. Und natürlich gleichzeitig Mama oder was auch immer. „Es kommt auf die Frau an“, glaubt sie. „Den Mut zu haben, sie selbst zu sein. Den Willen, zu führen. Und mit dem Partner zu sprechen.“ Irgendwann hat sie etwa fest vor, mit ihrem Partner zu besprechen, wie man doch mal wieder an einem Ort zusammenleben könnte. An irgendeinem Ort. Aber am liebsten in Deutschland. „Ich liebe Deutschland“, sagt Anna Dimitrova — und wieder lächelt sie.

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