Protest Initiative kämpft gegen den Abriss der „Botschaft“ am Worringer Platz

Düsseldorf · Investor will Neubau für Mikroapartments. Protest richtet sich auch gegen die Entwicklung im Bahnhofsviertel.

 Initiative für die Botschaft am Worringer Platz (v.l.): Jan Lemitz (Fotograf), Helmut Schneider (Stadtgeograph), Barbara Kempnich (Leiterin Bahnhofsmission), Harald Schwenk (Geoinformatiker, Grünen-Politiker), Verena Meis (Qualleninstitut), Kathrin Tiedemann, Leiterin-FFT.

Initiative für die Botschaft am Worringer Platz (v.l.): Jan Lemitz (Fotograf), Helmut Schneider (Stadtgeograph), Barbara Kempnich (Leiterin Bahnhofsmission), Harald Schwenk (Geoinformatiker, Grünen-Politiker), Verena Meis (Qualleninstitut), Kathrin Tiedemann, Leiterin-FFT.

Foto: ale

Von extremem Wandel ist die Geschichte des Gebäudes mit der Hausnummer 4 am Worringer Platz geprägt. Die heutige „Botschaft“ war in den 50er Jahren zunächst ein Operettentheater, dann ein Kino, später mal Baumarkt und ein Büroartikel-Outlet, sowie Party-Location und Ausstellungshalle. Zurzeit nutzt das Forum Freies Theater (FFT) den Raum als Probebühne, auch Aufführungen gab es. Noch. Denn zum Monatsende läuft der Mietvertrag für die Zwischennutzung aus. Der Abriss droht. Ein Investor will einen Neubau für Mikroapartments hochziehen. Eine Bauvoranfrage passierte die Bezirksvertretung ohne Gegenstimme der politischen Vertreter.

Die kommt jetzt allerdings von einer Initiative, die für den Erhalt eines Ortes mit sozialer und kultureller Nutzung  an dieser Stelle Einspruch einlegt. 25 Personen aus Kultur, Wissenschaft, Sozialarbeit und Politik zählen zu den Erstunterzeichnern einer Online-Petition. Ihre Forderung: „Wir plädieren für ein Engagement der Landeshauptstadt Düsseldorf, das den Kauf des Gebäudes ermöglicht und es für eine öffentliche, gemeinwohlorientierte Nutzung zur Verfügung stellt.“

Dabei geht es laut Kathrin Tiedemann, Leiterin des FFT und eine Unterzeichnerin, weniger um den Erhalt der aktuellen Immobilie, sondern vielmehr um eine kritisch zu sehende Entwicklung im gesamten Viertel, in die auch der Bau von Mikroapartments passe. Konkret hat die Initiative etwa den Bau von drei Hotels am Hauptbahnhof oder auch das Projekt Grand Central mit dem Bau von 1000 Wohnungen an der Erkrather Straße im Blick.

 Blick in den großen Saal, wo Theaterproben stattfinden.

Blick in den großen Saal, wo Theaterproben stattfinden.

Foto: Jan Lemitz

In der Petition heißt es: „Die besondere Attraktivität und Lebendigkeit des Bahnhofsviertels werden durch seine Bewohner und eine einzigartige Mischung aus kleinen Unternehmen, Einzelhandel, Gastronomie, Off-Spaces sowie durch soziale und kulturelle Einrichtungen geprägt. Hinzu kommen die täglichen Ströme Reisender. Diese Urbanität und Durchmischung gerät durch die zahlreichen Bauprojekte im

Innenstadtbereich verstärkt unter Druck.“

 Ein Bild aus den 60er Jahren.

Ein Bild aus den 60er Jahren.

Foto: thomas Bernhardt/Geschichtswerkstatt

Barbara Kempnich, Leiterin der Bahnhofsmission, spricht von einer Aufwertung, bei der viele Bewohner oder Besucher des Viertels nicht mehr Schritt halten könnten, da es vor allem darum gehe, möglichst viel Geld herauszupressen. „Mit diesem Ort könnte ein anderer Akzent gesetzt werden, an dem es um andere Werte geht.“ Er könnte Bedeutung haben, um einer sozialen Spaltung im Viertel entgegenzuwirken.

Stadtgeograph Helmut Schneider sieht das auch so. Er weist darauf hin, dass OB Thomas Geisel das Viertel gerne für seine Vielfalt lobe. „Wie kann es da sein, dass die Stadt eine gegenläufige Entwicklung zulässt. Hier könnte sie symbolisch zeigen, dass sie auch für eine andere Art der Stadtentwicklung etwas tut.“ Auch an die Verantwortung der Investoren appelliert er und hofft, dass auch sie durch die nun angestoßene öffentliche Diskussion unter Druck geraten.

Und wenn am Ende tatsächlich herrauskäme, dass die Stadt und die Öffentlichkeit keine Handhabe hätten, auf so einen gesellschaftlichen Wandel einzuwirken, müsste das dringend ebenfalls thematisiert werden, ergänzt Tiedemann.

Vorbilder für den Protest gibt es allerdings. Tiedemann erinnert an die Esso-Häuser, ein Gebäudekomplex im Hamburger Stadtteil St. Pauli. Der Protest der Bevölkerung zunächst gegen den Abriss, dann für eine soziale Bebauung mündete in einem Beteiligungsprozess.

Die Stadt Düsseldorf sowie der Investor antworteten am Mittwoch nicht auf die Anfragen unserer Redaktion.

Die Petition findet sich im Internet auf dieser Plattform:

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