Kampf für das Wahlgeheimnis

Beharrlichkeit gehört zu den Berufstugenden von W.Zettis Bekannter Sonja. Sie ist Lehrerin, eigentlich eine ganz umgängliche Person, aber mit dem Grundgesetz nimmt sie es doch etwas genauer.

Der Artikel 38 des Grundgesetzes stieß ihr jedenfalls jäh auf, als sie ihr Wahllokal an der Sonnenstraße betrat: schön platzsparend waren die Wahlkabinen eng nebeneinander aufgestellt und gewährten jedem Wähler Einblick auf die benachbarte Stimmabgabe. Unter „geheimer Wahl“ verstand Sonja doch etwas mehr Intimsphäre beim Kreuzchenmachen. Der entsprechende Hinweis an die Wahlhelfer wurde mit einem gottergebenen „Nein, das ist so aufgebaut, wir dürfen nichts ändern“ quittiert. Gegen den Hausmeister als obersten Wahlleiter hilft nur Zivilcourage, dachte sie sich und wählte mit der „Drittstimme“ die Hotline des Wahlamtes. Beim nachmittäglichen Kontrollbesuch ergab sich, dass die freiheitlich demokratische Grundordnung doch über der hemdsärmelig praktischen Hausmeisterordnung steht. Sonja fühlte sich bestätigt in ihrem pädagogischen Bemühen um das Grundgesetz - ganz geheim natürlich!

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