Jeder Schule ein eigenes Profil

Mehr Angebote für Chinesen, Ausbau des Ganztagsangebots – der Schuldezernent wirft einen Blick in die Zukunft.

Düsseldorf. 32 Millionen Euro für den Ganztag an Gymnasien und Realschulen, jährlich 35 Millionen für die Sanierung der Gebäude - weil es sich eine Stadt wie Düsseldorf leisten kann, wird kräftig Geld in die Schulen gepumpt.

Gegen den Trend in NRW verzeichnet die Landeshauptstadt Einwohnerzuzug, die Schülerzahlen werden bis 2020 leicht steigen, internationale Firmen, Uni, Fachhochschule, Kunst- und Musikhochschule haben ihren Sitz am Rhein. Bildung gilt als einer der wichtigsten Standortfaktoren überhaupt.

Im Stadtentwicklungskonzept 2020 wird daher die "erweiterte Schulträgerschaft" Düsseldorfs herausgestellt. Gemeint ist: Die Stadt mischt mit. Sie versteht Schule als Lebensraum, in den es weiter zu investieren gilt. Die WZ sprach mit Schul- und Jugenddezernent Burkhard Hintzsche darüber, wohin die Reise geht.

Herr Hintzsche, welche Schulformen wird es 2020 in unserer Stadt nicht mehr geben?

Hintzsche: Wichtiger als die Schulform-Frage ist die nach der individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern. Alle Schulen arbeiten hier an der Weiterentwicklung ihrer Konzepte und die Stadt unterstützt sie dabei durch ein fachübergreifendes und vernetztes Handeln mit Projekten wie e-City-Düsseldorf, Schulsozialarbeit, der kulturellen Bildung, der Förderung von Begabungen, mit Angeboten des sozialen Lernens und einem bundesweit einmaligen Übergangsmanagement an der Schnittstelle Übergang Schule, Beruf, Hochschule.

Der Ganztag ist ein solches Konzept. Es soll helfen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Was muss er im Lebensraum Schule also leisten?

Hintzsche: Der Ganztag soll an allen Schulen von der fünften bis zur zehnten Klasse einen pädagogischen Mittagstisch garantieren. Dabei geht es um mehr als nur ums Essen. Lehrer und Schüler sitzen an einem Tisch. Sie kommen dort als Schulgemeinschaft zusammen. Mit den Angeboten anderer Bildungsträger rückt ein ganzheitliches Bildungsverständnis in den Mittelpunkt.

Von neuen Mensen und Cafeterien ist in dem Stadtentwicklungsplan aber nicht die Rede.

Hintzsche: Wir nehmen für den Ganztag über 32 Millionen Euro zusätzlich in die Hand. Hinzu kommen jährlich über 35 Mio Euro zur Schulsanierung. Im gebunden Ganztag wird es zu Mensa-ähnlichen Lösungen kommen. Wir setzen aber auch auf die Kooperation mit Sportvereinen, Jugendzentren oder anderen Partnern, die über adäquate Räume verfügen.

Deutschland ist in punkto Ganztag ein Spätzünder. Wann wird er wie in anderen Ländern auch hier Realität sein?

Hintzsche: Der Ganztag ist im Ausbau. Bereits heute bieten wir für mehr als jedes zweite Grundschulkind einen Ganztagsplatz an. Die weiterführenden Schulen kommen ab Februar 2009 hinzu. Im Schuljahr Jahr 2013/2014 werden alle Schulen Ganztagsschulen sein. Im Übrigen haben wir in Düsseldorf bei einer Umfrage unter allen weiterführenden Schulen festgestellt, dass bereits über 30 Schulen verschiedene Formen des offenen Ganztags praktizieren. Wir fangen also nicht bei Null an und wir sind bundesweit an der Spitze der Bewegung.

Schule soll aufs Leben vorbereiten. Die Verknüpfung von Schule und Beruf wird vor diesem Hintergrund immer wichtiger. Was macht die Stadt, um hier zu helfen?

Hintzsche: Wir haben mit der Unternehmerschaft Düsseldorf und der Stiftung Pro Ausbildung ein Kompetenzzentrum für diesen Übergang geschaffen. Dabei steht die Berufsorientierung durch eine individuelle Förderplanung im Mittelpunkt. Gemeinsam mit der Agentur für Arbeit bauen wir ein Netz von Berufswahlkoordinatoren auf und aus, vermitteln Praktika für Schüler und Lehrer und fördern die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Schulen durch Lernpartnerschaften.

Für Düsseldorf werden in der Primarstufe steigende Schülerzahlen prognostiziert. Rettet das die vielen kleinen Grundschulen?

Hintzsche: Derzeit ist das System unserer 89 Grundschulen stabil. Aber letztlich entscheiden die Eltern durch ihr Anmeldeverhalten, ob die vom Gesetz vorgeschriebene Mindestklassenstärke von 18 Kindern zustande kommt.

Werden Sie Schulen schließen müssen?

Hintzsche: Die Schulentwicklungsplanung sieht für das laufende Schuljahr keine schulorganisatorischen Maßnahmen vor. Im Übrigen besteht nach dem Schulgesetz die Möglichkeit, Verbundschulen einzurichten, wenn sich abzeichnen sollte, dass eine Eingangsklasse nicht gebildet werden kann.

Bekümmert es einen Schuldezernenten, dass private Schulen mehr Zulauf haben als öffentliche?

Hintzsche: Es gibt nicht nur einen Run auf Privatschulen, sondern durchaus auch auf die öffentlichen Schulen. Gerade solche mit einer Schwerpunktbildung, wie zum Beispiel das Lessing-Gymnasium mit seinem Sportprofil, werden stark nachgefragt. Die Schüler kommen sogar aus dem Umland nach Düsseldorf.

Trotzdem wählen immer mehr Eltern Privat- oder Ergänzungsschulen für ihre Kinder. Hat Düsseldorf da genug zu bieten?

Hintzsche: Zu einem internationalen Standort wie Düsseldorf gehört ein gutes System von Privatschulen. Das funktioniert aus sich heraus. Wir als Stadt müssen es nicht finanziell fördern, weisen aber im Rahmen unserer Bildungsberatung auf die privaten Schulen hin. Die Stadt hat nicht nur aber auch durch die Förderung der Profilbildung an öffentlichen Schulen die Voraussetzung dafür geschaffen, dass wir eine breite, wettbewerbsfähige und qualitativ gute Schulstruktur haben.

Was sollten Schulen leisten, um konkurrenzfähig zu bleiben beziehungsweise zu werden?

Hintzsche: Unsere Schulen sind leistungs- und damit auch konkurrenzfähig. Durch den Ausbau des Ganztags und durch die Weiterentwicklung der Vernetzung mit außerschulischen Bildungspartnern stärken wir die Schulen in ihrer Entwicklung. Jede Schule arbeitet an ihrem eigenen Profil mit unterschiedlichen bspw. sprachlichen oder naturwissenschaftlichen Schwerpunkten und wird dabei durch den Schulträger tatkräftig unterstützt.

Welche neue Schule kann in Zukunft das bestehende Angebot ergänzen?

Hintzsche: Ich kann mir mittelfristig vorstellen, dass wir für unsere Freunde und Partner aus China über die bestehenden Kooperationen hinaus auch hinsichtlich der Schulangebote stärker zusammen arbeiten. Dies muss aber nicht zwingend auf eine neue Schulgründung hinauslaufen.

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