Jan Wellems Sammelwut kannte fast keine Grenzen

Selbst die Trajanssäule sollte in Düsseldorf stehen - zumindest als wasserfeste Kopie.

<strong>Düsseldorf. 37 Jahre lang herrschte Johann Wilhelm in Düsseldorf. In dieser Zeit gelang es dem Kurfürsten, aus dem kleinen, unscheinbaren Residenzstädtchen am Rhein eine Pilgerstätte der Kunst zu machen. Reisende gaben sich in Jan Wellems letzten Lebensjahren die Klinke in die Hand, um seine südlich vom Schloss entstandene Gemäldegalerie, Antikensammlung und Wunderkammer zu bestaunen.

Kunst war auch im Barock schon eine sichere Wertanlage

Nun war Kunst auch im Barock nicht nur eine sichere Wertanlage, sondern steigerte das Ansehen seiner Besitzer. Schon Großvater Wolfgang Wilhelm und Vater Philipp Wilhelm hatten für das Düsseldorfer Schloss eine kleine Gemäldesammlung zusammengetragen. An diese Tradition knüpfte der Kurprinz an, als er ab 1680 begann, in den Niederlanden systematisch Gemälde für das Düsseldorfer Schloss kaufen oder ersteigern zu lassen. Selbst vor Kirchenbesitz machte er nicht halt: So ließ er nach 1700 drei von seinem Großvater Wolfgang Wilhelm gestiftete Altarbilder von Rubens aus der Neuburger Hofkirche nach Düsseldorf holen und durch neue seines Hofmalers Domenico Zanetti ersetzen.

Die Kunstsammlungen Jan Wellems sollten möglichst vollständig sein

Während Jan Wellem anfangs eher wahllos bestehende Kontakte nutzte, um an neue Bilder und andere Kunstwerke zu kommen, war er besonders ab 1708 (nach Erhalt der bayerischen Kurwürde) vom Vollständigkeitswahn besessen. In der Malerei wollte er die wichtigsten Schulen und die Meister jeder Kunstrichtung besitzen. Seine Antikensammlung sollte möglichst komplett werden, ebenso seine Münz- und Medaillensammlung, und auch bei den Florentiner Kleinbronzen, die später die Galerie verschönerten, legte er Wert auf Vollständigkeit. Beim Zusammentragen dieser Schätze erwies sich die über ganz Europa verstreute Verwandschaft als recht nützlich: Über Madrid - vom Hof seiner Lieblingsschwester - kamen Bilder von Velasquez, Rubens, Breughel, Giulio Romano und Lucca Giordano. Außerdem spannte er seine diplomatischen Vertreter als Kunstagenten ein und schickte diese in Mailand, Wien, Neapel, Brüssel, Antwerpen, London, Frankfurt, Den Haag oder Utrecht auf Bilderjagd. Vor seinem Tod hat Jan Wellem rund 1000 Bilder besessen.

Alte Grafenburg glich zeitweise einem überfüllten Magazin

Um 1700 jedenfalls glich die alte Grafenburg am Rhein bald einem überfüllten Magazin. Auch die Kabinette und privaten Gemächer des Kurfürstenpaares waren so vollgestopft, dass kaum noch ein freies Plätzchen vorhanden war. Die großen Rubensbilder passten überhaupt nirgends hin, sie mussten bei den Kapuzinern zwischengelagert werden.

Um diese Schätze adäquat unterbringen zu können, opferte Jan Wellem 1709 den Burggarten südlich des Schlosses und ließ dort zwischen 1709 und 1714 ein Galeriegebäude errichten. Der Neubau wurde nicht nur ein Haus der Bilder, sondern auch ein Haus der Statuen und kleinen Kabinette.

Billige Zeiten Anfangs war das Sammeln von Kunst für Jan Wellem ein bescheidenes Vergnügen. 1684 bezahlte er für einen Rubens oder van Dyck 40 oder 50 Gulden, das entsprach dem Gegenwert von fünf Kühen, 150 Schweinen oder 1500 Gänsen. Bei der geschätzten Kaufkraft von etwa 40 Euro pro Gulden hätte ein Bild 2500 Euro gekostet.

Prunkstück Das kostbarste, was sich Johann Wilhelm sich je leistete, war die "Himmelfahrt der Maria" von Peter Paul Rubens. Er bezahlte dafür 2000 brabantische Taler. Für einen Taler gab es eineinhalb Gulden - das Bild kostete also 3000 Gulden oder rund 150000 Euro.

Hofmaler Jan Wellem kaufte nicht nur Kunst, er ließ diese auch in Düsseldorf produzieren. Sein Hofmaler Jan Frans van Douven arbeitete seit 1682 in Düsseldorf - bei einem Salär von 600 Reichstalern im Jahr. Ab 1700, als Douven zum Oberaufseher der Gemäldesammlung aufstieg, bekam er 2500 Reichstaler - wahrhaftig eine Karrieresprung.

Spitzenreiter Der am besten bezahlte Künstler war Gabriele Grupello mit einem Gehalt von 3000 Reichstalern. Wegen der ständigen Geldnot des Kurfürsten sah Grupello nur selten die komplette Summe. Der Rest wurde ihm regelmäßig als "Restantengeld" gut geschrieben. 1697 waren diese Außenstände auf 3076 Reichstaler angestiegen.

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