Inklusion überfordert Schulen

Mehrere Schulen sollen erstmals Förderkinder aufnehmen, sind aber nicht vorbereitet.

Düsseldorf. Schulleiter Bernd Verfürth ist aufgebracht: „Wir werden da unvorbereitet reinstolpern.“ Am Montag hat er von der Schulaufsicht erfahren, dass das Leibniz-Montessori-Gymnasium im Sommer eine Inklusionsklasse eröffnen soll.

Das heißt: Die Schule soll fünf Kinder in die fünfte Klasse aufnehmen, die einen Förderbedarf haben. Bislang hat das Gymnasium mit solchen Kinder noch keinerlei Erfahrung. In der gleichen Situation ist die Realschule Golzheim.

Der Hintergrund: Die Integration von Förderkindern an den Regelschulen — kurz Inklusion genannt — ist in vollem Gange. Die UN fordert das von der Bundesrepublik seit langem, seit einigen Jahren haben die Eltern in Nordrhein-Westfalen einen Rechtsanspruch darauf, ihr Kind an einer Regelschule unterzubringen. Doch wie das Großprojekt Inklusion in Düsseldorf umgesetzt wird, darüber herrscht noch große Unklarheit.

In den vergangenen zwei Jahren wurden bereits zahlreiche Kinder mit Förderbedarf an Regelschulen aufgenommen. Einzelne Schulen wie die Hauptschule St. Benedikt haben sich auf die Inklusion spezialisiert. Von den Gymnasien kann man das generell freilich nicht sagen.

Entsprechend überrascht ist das Kollegium am Leibniz. Rektor Verfürth: „Wir haben kein Setting, keine Vorbereitung, keine Fortbildungen — wir haben nichts!“ Bald seien die Osterferien, danach stehe das Abitur des Doppeljahrgangs im Mittelpunkt. Der Zeitplan sei daher „ein Witz“.

Die Behörden äußern sich zum Thema sehr zurückhaltend, schieben sich zum Teil gegenseitig die Verantwortung zu: Das Düsseldorfer Schuldezernat hat sich nach eigener Darstellung dagegen ausgesprochen, dass Gymnasien Schüler mit Förderbedarf aufnehmen, weil diese wegen der vielen Anmeldungen Kapazitätsprobleme haben. Doch die Bezirksregierung sagt: „Grundsätzlich ist die Einrichtung inklusiver Klassen an allen Schulformen möglich.“ Das Leibniz sei als geeignet eingestuft worden.

Andere Schulen sind aber bei der Inklusion schon weiter, etwa die Montessori-Hauptschule in Flingern. Dort wird die künftige Sekundarschule aufgebaut, deren Profil Inklusion vorsieht. Doch im Sommer wird es dort keine Inklusionsklasse geben. Schulleiterin Birgit Planken kann nur mutmaßen, warum: „Es gibt niemanden in der Verwaltung, den ich ansprechen könnte.“ Eventuell fehle der Platz am Standort.

Günter Benninghaus von der Schulaufsicht sieht das Thema generell als schwierig an: „Ein großer Teil der Schulen ist nicht darauf vorbereitet, diese Kinder aufzunehmen.“ Förderklassen brauchen nicht nur mehr Personal, sondern auch mehr Platz. Und in Düsseldorf steigen auch noch die Schülerzahlen.

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