Interview „Inklusion ist eine Generationenaufgabe“

Kita-Experte Markus Lüke über die Vorzüge der Inklusion in Kitas und den Vorteilen gegenüber Schulen.

Düsseldorf. Herr Lüke, warum sollte Inklusion bereits im Vorschulalter ansetzen?

Markus Lüke: Besonders Kleinkinder sind in ihrem zwischenmenschlichen Verhalten frei von Vorurteilen. Erst verunsicherte Erwachsene und andere Umwelteinflüsse wecken bei ihnen Ängste. Wenn wir Kinder jedoch in einer inklusiven Struktur aufwachsen lassen, werden sie verstehen, dass eine Behinderung völlig normal ist. Dieser Lerneffekt wird sich dann auch auf ihr Verhalten als Erwachsene auswirken.

Welche Rahmenbedingungen sollten beachtet werden?

Lüke: Die fachliche Qualifikation der Kita-Mitarbeiter steht an erster Stelle. Zusätzlich brauchen Kinder mit einer Behinderung, neben der pädagogischen Betreuung, auch eine spezielle Förderung in Form von Therapien. In diesem Beziehungsgeflecht zwischen Erziehern und Therapeuten ist auch der Austausch mit den Eltern sehr wichtig.

Glauben sie, dass Inklusion in Kitas leichter umzusetzen ist als in Schulen?

Lüke: Absolut. Inklusion wird in Deutschland seit den 70er Jahren in Kitas praktiziert, weswegen schon viel Erfahrungswissen vorhanden ist. Außerdem stehen die Kitas beim Thema Inklusion nicht so stark im öffentlichen Fokus wie die Schulen, was die Arbeit sehr erleichtert. Denn Inklusion lässt sich nicht über Nacht umsetzen, es ist vielmehr eine Generationenaufgabe. Dafür braucht es viel Zeit und Ruhe. Hinzu kommt, dass es in den Kitas noch keinen Leistungsdruck gibt. Den größten Fehler, den man machen kann, ist, gleiche Erwartungen an alle Kinder zu stellen. Denn Inklusion bedeutet Vielfalt. Jeder hat unterschiedliche Fähigkeiten und Talente. Das schließt Menschen mit — als auch ohne Behinderung ein.

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