In Kai 10 fangen Künstler das Licht ein

In der neuen Ausstellung „Catching the Light“ spielen neun Künstler mit der Wirkung des Lichts. Dabei eifern sie Galilei nach oder erfinden den Turmbau zu Babel neu.

In Kai 10 fangen Künstler das Licht ein
Foto: Sergej Lepke

Kurator Ludwig Seyfarth aus Berlin und Ausstellungschefin Julia Höner von Kai 10 im Hafen suchen nach dem Licht in der modernen Kunst. Unter dem Titel „Catching the Light“ wollen sie wissen, wie man heute das Licht einfängt. Bei neun Künstlern wurden sie fündig.

In Kai 10 fangen Künstler das Licht ein
Foto: Kai 10

Mischa Kuball etwa eifert Galilei nach, auf erstaunlich einfache Weise allerdings. Er braucht nur fünf farbige Plexiglasscheiben, in die er Mondgesichter ritzt, deren Augen er aussticht. Nun drehen sich die Scheiben über Elektromotoren an einer Deckenschiene, während ein bloßer Lichtstrahl sie trifft. Und plötzlich scheint es, als würden sich Sonnenscheiben und Monde überlagern. Listig und witzig zugleich spielt er mit den Thesen der katholischen Kirche und des Forschers und erzeugt doch nichts anderes als ein lustiges Mobile der Weltordnung.

Clemens Fürtler stapelt für seinen Turm zu Babel Modellbauteile und lässt sie von Märklin-Eisenbahnen auf Schienen umrunden. Der Pfiff liegt in eingebauten LED-Lämpchen in den Waggons, die fantastische Schatten an die Wände werfen. Durch das ständige Kreisen der fahrenden Lokomotiven erinnern sie an die Carceri von Piranesi oder den fiktiven Turm von Tatlin. Sie unterscheiden sich von den Vorbildern durch die ständige Bewegung. Der Turmbau ist nun kein Sinnbild menschlicher Vermessenheit mehr, sondern ein Spiel aus Licht und Schatten.

Corinne Wasmuht, wohl eine der wichtigsten Malerinnen der Gegenwart, macht mit Ölfarbe auf Holz oder Leinwand den realen Raum zur Lichterscheinung. Füße in Straßenschuhen laufen über einen vibrierenden Boden, wirken figurativ und aufgelöst zugleich. Handtaschen werden zu Teilen von Datenflüssen, die die Geschwindigkeit des Lichts nachahmen. Die dreiteilige Arbeit „Pehoé Towers“ erinnert im Titel an ihr Geburtsland Chile. Das über sieben Meter breite Panoramabild bestimmt einen ganzen Raum.

Der Vater der Lichtkunst, James Turrell, zeigt seinen 30 Jahre alten Radierzyklus „Deep Sky“. Der Künstler erweist sich hier als ein faszinierender Grafiker des Lichts.

Geheimnisvoll sind die reflektierenden Scheiben aus durchgefärbtem Spezialglas von Ursula Ott: wenig Volumen, viel Tiefe, unerwartete Projektionen durch raffinierte Wölbung und Reflexion. Das Licht verwandelt sich in zarte Farben, die sich mit jedem Sonnenstrahl und jeder Bewegung des Betrachters ändern.

„Fast Bilder vom Nichts“ nennt Nadia Lichtig ihre Inszenierung. Ausgehend von Briefen, Text- und Toncollagen reagiert sie auf akustische wie taktile Besonderheiten. Schließlich verschließt sie intime Botschaften unter Weißgold-Blättern. Bei ihr kommt eben nicht alles ans Licht.

Info: „Catching The Light“ läuft bis 7. Juli in der Arthena Foundation Kai 10, Kaistraße 10.

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