Besucherströme Warum in Düsseldorf rund um die Uhr Passanten gezählt werden

Düsseldorf · Daten sind im Internet einsehbar und sollen Hilfsmittel für Besucher, stationären Einzelhandel und Investoren sein. Auch über den Einfluss der Umweltspur auf die Zahl der Besucher gibt es Erkenntnisse.

 So voll kann es auf der Königsallee werden.

So voll kann es auf der Königsallee werden.

Foto: picture alliance / Martin Gerten/Martin Gerten

Während die kleinen, grauen Kästen an den Hausfassaden in der City meist übersehen werden, entgeht ihnen selbst wiederum nichts. Jeder Passant wird von den Laserscannern rund um die Uhr erfasst und gezählt. Das Unternehmen Hystreet hat die Boxen mittlerweile in ganz Deutschland verteilt, vor allem in den großen Städten. In Düsseldorf hängen seit anderthalb Jahren vier Boxen an Schadowstraße (zwei), Königsallee und Flinger Straße, und seit diesem Sommer befindet sich auch ein Zähler an der Mittelstraße. Die Ergebnisse lassen sich nach der Registrierung gratis live im Internet verfolgen, auch Auswertungen über längere Zeiträume sind möglich.

Passantenzählungen haben hohe Relevanz für die Immobilienwirtschaft und den Einzelhandel in Bezug auf die Attraktivität der Lage und die Ermittlung von Kauf- und Mietpreisen. Bislang sind sie jedoch nur stichpunktartig und quasi per Hand von Dienstleistern wie Jones Lang LaSalle erfolgt. Jetzt sind die Daten nicht nur deutlich umfassender und dadurch aussagekräftiger, „sondern auch transparenter“, wie Geschäftsführer Julian C. Aengenvoort sagt.  „So können selbst Besucher ganz aktuell schauen, wie viel in der Innenstadt an bestimmten Stellen los ist.“

Vor allem richtet sich das Angebot jedoch an den stationären Einzelhandel, Investoren und Immobilieneigentümer. Und Aengenvoort macht keinen Hehl daraus, dass das Angebot im eigenen Interesse ist. Denn Hystreet ist eine hundertprozentige Tochter der in Köln ansässigen „AC+X Strategic Investments GmbH“, die von der Aachener Grundvermögen Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH gegründet wurde, die wiederum auf Immobilieninvestments in 1A-Lagen setzt. In Düsseldorf besitzt die Fondsgesellschaft, die übrigens indirekt mehreren katholischen Bistümern gehört, einige Häuser auf der Königsallee. Ein Scherz liegt da natürlich nahe: Ja, mit diesem Scannern zählt die Katholische Kirche seine Schäfchen nun wirklich ganz genau. Der Grund ist jedoch ein weltlicher. „Der stationäre Einzelhandel soll gegenüber dem Online-Geschäft, der über deutlich mehr Daten verfügt, gestärkt werden“, sagt Aengenvoort.

Auch Ranglisten der bestbesuchten Straßen kommen dabei heraus. Im November auf Platz eins: die Neuhauser Straße in München mit 2,7 Millionen Passanten. Es folgen die Kaufingerstraße ebenfalls in München, die Georgstraße in Hannover, die Zeil in Frankfurt und die Schildergasse in Köln. Düsseldorf landet mit der Flinger Straße und knapp 1,2 Millionen gezählten Besuchern auf Platz 16, die Schadowstraße (Fußgängerzone) folgt auf Platz 19.

Auch im Jahresvergleich der Düsseldorfer Straßen liegt die Flinger Straße 2019 mit bislang 12,2 Millionen Passanten vorn. Der stärkste Tag war der Japan-Tag am 25. Mai mit knapp 150 000 Menschen. An den weiteren Messpunkten ragen zwei andere Tage heraus, der Black Friday oder der Samstag danach am vergangenen Wochenende. Auf Platz zwei im Jahresvergleich landet die Schadowstraße (Fußgängerzone) mit knapp elf Millionen Passanten, an der Kö waren es gut fünf Millionen.

Doch nicht nur Hystreet zählt die Passanten, auch das Forum Stadtmarketing hat vor einem Jahr drei Zähler angebracht. Ebenfalls an der Schadowstraße und der Flinger Straße. „Wir kannten das Projekt von Hystreet noch nicht, vielleicht macht das unseres überflüssig“, sagt der Vorstandsvorsitzende Frank Hermsen. Bislang stelle er die Zahlen den Forumsmitgliedern zur Verfügung. Auch Hystreet will hier das gegenseitige Gespräch suchen.

Für Hermsen geht es vor allem darum, Daten zur Begründung von verkaufsoffenen Sonntagen zu sammeln. Verdi hatte in Serie erfolgreich gegen Sonntags-Öffnungen geklagt, da nicht ausreichend dargelegt worden war, dass der Anlass mehr Besucher anziehen würde als die Geschäfte. Zuletzt habe man aber auch gezielt geschaut, ob die Umweltspuren Einfluss auf die Besucherzahlen haben. Hermsen: „Haben sie nicht.“

Für die Händler ergeben sich weitere Nutzungsmöglichkeiten. Aengenvoort erklärt, dass die Besucherfrequenzen im Geschäft mit denen draußen verglichen werden können. So seien Rückschlüsse auf die Anziehungskraft der Schaufenstergestaltung möglich. Auch Personalplanung sei besser abstimmbar. Das sieht in Düsseldorf etwa Thomas Görner so. Der Geschäftsführer von Foto Koch und stellvertretende Vorsitzende des Forums Stadtmarketing gleicht die Zahl der Kassenbelege mit den ermittelten Besucherströmen vor dem Geschäft ab und versucht, daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Einfaches Beispiel: Bei schlechter Wetterprognose müsse etwa ein Krankheitsfall nicht ausgeglichen werden.

Görner ist des Weiteren eine grundsätzliche Erkenntnis wichtig. „Trotz langer  Baustelle mit dem zweiten Teil des Kö-Bogens sind die Passantenzahlen auf der Schadowstraße gut. Das ist für die Händler an der Straße eine sehr gute Perspektive. Das wird hier brummen, wenn der Umbau zur Fußgängerzone abgeschlossen ist.“

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