Verkehrspolitik Warum die Verkehrswende in Düsseldorf nur langsam vorankommt

Düsseldorf · Auch oder gerade in Corona-Zeiten wird das Auto für viele wieder attraktiver, während ÖPNV- und Radwegeausbau stocken. Es mangelt an einer klaren Strategie und an einem führenden Kopf für den Bereich Verkehr.

 Der neu eingerichtete Radweg an der Cecilienallee ist umstritten.

Der neu eingerichtete Radweg an der Cecilienallee ist umstritten.

Foto: David Young

Eigentlich ist sie politisch gar nicht mehr umstritten, die Verkehrswende. Also das Bestreben, den Autoverkehr in einer dicht besiedelten Stadt wie Düsseldorf möglichst stark zu reduzieren und dafür den umweltfreundlicheren ÖPNV, den Radverkehr und moderne Kombi-Angebote attraktiver zu machen und auszubauen. Eigentlich. Tatsächlich aber tut sich Düsseldorf sehr schwer, in der Verkehrspolitik voranzukommen. Und das hat mehrere Gründe.


Corona: Die anhaltende Pandemie ist für die Verkehrswende ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bietet sie eine Riesenchance zur Innovation. Überall in der Welt wird gerade Neues ausprobiert. Wann, wenn nicht jetzt kann man Radwege ad hoc anlegen und dafür Autospuren reduzieren? Noch immer sind etliche Menschen im „Home office“ und jetzt nahen auch noch die Sommerferien. Aber Düsseldorf bekommt da leider nur einen Pop-up-Radweg am Rhein entlang hin, der von der ersten Sekunde an umstritten war und in der Tat auch mangelhaft ist.

Andererseits befördert die Angst vor Corona die Renaissance des Autos: My home is my car, hier fühle ich mich sicher und bequem, da steige ich gerne ein, am liebsten alleine. Man sieht das in unserer Stadt, wo sich längst wieder jeden Morgen die Blechlawinen über Danziger-, Witzel-, Brüsseler- oder Ludenberger Straße in die Stadt wälzen. Wohingegen die Stadtbahnen und Busse bestenfalls halb gefüllt sind.

Die Stadt-Verwaltung: Obwohl der Verkehr (neben Wohnen) ständig als Thema Nummer 1 propagiert wird, ist das Rathaus hier nicht gut aufgestellt.  Kurz gesagt: Es fehlt an einer Vision, an einem klaren Oberziel, das Düsseldorf in Sachen Verkehr erreichen will. Und es fehlt ein(e) starke(r) Verkehrsdezernent(in), der oder die für diese Vision steht und die Sache vorantreibt.  Dass Cornelia Zuschke, die als Bau- und Planungsdezernentin geholt worden war, nebenbei nicht auch noch den Verkehr gut lenken kann, war schnell klar. Aber die Konsequenz daraus wurde nicht gezogen, nun soll nach der Kommunalwahl ein(e) neue(r) Beigeordnete(r) für den Verkehr ans Werk gehen.

Ein praktisches Problem des amtlichen Verkehrsmanagements ist dessen bisweilen penible Detailversessenheit. Das zeigt das Radwege-Programm, das viel zu langsam umgesetzt wird. Dafür freilich werden die Radstreifen stets akkurat um jede Bus- oder Bahnhaltestelle herumgeführt. Da wird jede Eventualität mitgeplant und mitgebaut, was oft gar nicht erforderlich wäre und die Dinge nur verkompliziert und verlangsamt. Das Phänomen zeigt sich gerade wieder an der Cecilienallee, wo man die Schrägparkbuchten geschlossen hat, um die Radfahrer zu schützen –  und die Autos jetzt parallel zum Radweg auf der Fahrbahn parken, was  für Radler und Fußgänger gefährlicher ist. Es braucht mehr einfache, klare Radwege, die nicht perfekt, sondern „nur“ sicher sein müssen.


Die Politik: Während es beim Thema Schulbau, im Sozialen und im Sport, ja selbst beim Wohnungsbau einen gewissen Grundkonsens zwischen den Parteien in Düsseldorf gibt, eskaliert bei Verkehrsfragen regelmäßig blanker Streit. Da toben sich die Ideologen und Polemiker nach Herzenslust aus. Man schaue bloß auf den erbitterten Streit um die Umweltspuren. Leider jedoch hat im Stadtrat keine Fraktion ein wirklich überzeugendes Gesamtkonzept anzubieten. Insbesondere die CDU (in schwächerem Maße auch die FDP) tut sich schwer, das Postulat des Auto-Vorrangs hinter sich zu lassen. Verbal ist natürlich auch Schwarz-Gelb bei der Verkehrswende mit von der Partie, im wirklichen Leben aber bekämpfen manche CDU-Ratsherren selbst solche Radwege bis zur letzten Sekunde, die unproblematischer und naheliegender gar nicht sein könnten. Also zum Beispiel die auf Klever- oder Kaiserstraße, wo es jeweils sechs (!) Fahrspuren gibt und nun endlich zwei davon den Radfahrern gehören.

Es bleibt zu hoffen, dass es nach der Wahl eine klare Mehrheit im Rat gegen den Auto-Fundamentalismus gibt. Egal, aus welchen Farben sie sich dann zusammensetzt.

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