Hilfe für Ü30-Musiker: Qualität hat kein Alter

Die CDU möchte einen Förderpreis für Rock- und Pop-Künstler einrichten, die schon älter als 30 sind.

Hilfe für Ü30-Musiker: Qualität hat kein Alter
Foto: dpa

Für den Kulturausschuss—Vorsitzenden Friedrich G. Conzen ist Volker Bertelmann alias Hauschka das beste Beispiel: „Er hat erst mit 38 Jahren sein erstes Album unter diesem Namen herausgebracht.“ Inzwischen ist Hauschka ein international gefragter Musiker und war im vergangenen Jahr für den Oscar nominiert. Mit städtischer Unterstützung hätte Bertelmann bei seinem Debüt nicht rechnen können. Denn die hört in Düsseldorf bei der Grenze von 30 Jahren auf. Die CDU möchte das jetzt ändern. Im Kulturausschuss stellt sie morgen den Antrag, Wege zu finden, wie Bands gefördert werden, deren Mitglieder im Schnitt älter als 30 sind.

Bisher gibt es zwei Formen der Förderung: den Wettbewerb „City Beats“ und die Bandförderung. Für „City Beats“ können sich junge Musiker und Gruppen (eben bis 30 Jahre) bewerben, die besten drei erreichen das Finale im Winter. Alle drei bekommen Geldpreise, der Sieger zudem Aufnahmetage in einem Studio. Bei der Bandförderung (Altersgrenze ebenfalls bei 30) vergibt eine Jury, in der unter anderem Komponist Dieter Falk sitzt, zwei Mal 5000 Euro an Bands. Die können damit zum Beispiel ins Studio gehen und einige Lieder aufnehmen oder im Vorprogramm einer anderen Gruppe gut zwei Wochen auf Tournee. „City Beats“ hilft dem Rock- und Pop-Nachwuchs, professioneller zu arbeiten, die Förderung zielt auf den nächsten Schritt in der Entwicklung einer Band.

Die CDU kritisiert die Einschränkung dieser Formen: „Musik kennt kein Alter“, heißt es in dem Antrag für den Kulturausschuss. Deshalb soll nun im Rathaus ein Ü30-Förderkonzept entwickelt werden, das sich an den genannten Wettbewerben orientiert.

„Ich finde die Idee gut. Schließlich sind die meisten Musiker nicht mit 30 Jahren auf dem Zenit ihrer Karriere“, sagt Bettina Henrich, die seit vielen Jahren fester Bestandteil der Düsseldorfer Musikszene ist, etwa mit der Band „Tilt“. „Ich habe eine Band beraten, die Mitglieder waren alle Anfang 40 und sind plötzlich so durchgestartet, dass sie eine Entscheidung treffen mussten“, argumentiert Veranstalter Alexander Franck. „Mit einer Förderung könnte dieser Entschluss leichter fallen.“

Klaus Klöppel Leiter der Jungen Aktionsbühne und Mit-initiator der Bandförderung, findet die Idee interessant, hat aber Zweifel, ob sie sinnvoll ist: „Bei aller Zuversicht: Wer in den Twen-Jahren nicht die Kurve kriegt, hat es auch danach schwer. Wer auf die Popgeschichte blickt, findet nur Bands, die in ihren 20ern ihr Talent bewiesen haben.“

Seit vielen Jahren vergibt die Stadt Förderpreise an junge Musiker. Die Ergebnisse sind ernüchternd, zumindest wenn es um populäre Musik geht. Die Halbwertszeit von jungen Bands ist oft überschaubar. Meist sind sie von der Bildfläche schnell wieder verschwunden. Regelmäßig wird in der Jury diskutiert, ob es wirklich sinnvoll ist, die Altersgrenze von 30 Jahren beizubehalten. So mancher Bewerber, der mit dem Preisgeld vielleicht etwas Besseres hätte anfangen können, kam erst gar nicht zum Zuge. Ob dadurch hoffnungsvolle Karrieren im Keim erstickt wurden, mag dahingestellt sein.

Fest steht: Qualität hat kein Alter. Das zeigen nicht nur Beispiele wie der international erfolgreiche Hauschka. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum Künstler nicht gefördert werden sollen, wenn sie ein vielversprechendes Projekt an den Start gebracht haben. Das Datum, das im Personalausweis steht, ist jedenfalls kein Argument.

Die Altersgrenze von 30 Jahren ist sinnvoll. In den späten Teenie-Jahren und in den persönlichen Zwanzigern reichen Zeit und Leidenschaft auf jeden Fall, um alles zu geben, was musikalisch in einem steckt. Da in dieser Phase aber oft das Geld und das Wissen fehlen, um das Talent auf die nächste Ebene zu bringen, brauchen Bands an dieser Stelle noch Hilfe. Dann aber muss das Können reichen, um sich Fans und einen Plattenvertrag zu erspielen, also von der Musik leben zu können. Gelingt es in den Jahren nicht, sind die Betroffenen gut beraten, einen anderen Berufsweg einschlagen und die Musik als Hobby weiter zu betreiben. Da trifft man sich dann eben wie bei jedem Hobby, wenn man Feierabend hat, die Kinder betreut oder im Bett sind. Fördergelder ändern an diesem Zustand dann nur noch wenig, weil der große Sprung sehr unwahrscheinlich ist. Weder in der Düsseldorfer noch der internationalen Musikgeschichte sind dafür Beispiele bekannt.

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