Heinrich Heine: Der große Denker schmückt vor allem Taschen und Tassen

Auf dem Campus sind Gesicht und Worte des Düsseldorfer Schriftstellers allgegenwärtig.

Düsseldorf. Der Widerstand war lange heftig, bis die Universität Düsseldorf vor 25 Jahren den Namen des Schriftstellers Heinrich Heine bekam. Doch Zeiten ändern sich. Deshalb: Wie selbstverständlich ist der Name heute? Eine Spurensuche auf dem Campus.

Wo sucht man wohl zuerst nach dem Schriftsteller Heine? Natürlich, in der Bibliothek. Wer sich durch das komplizierte Ordnungssystem gekämpft hat, wird reich belohnt: Irgendwo unter gerw44504.g598 zwischen Goethe und Hesse stehen sie, die großen und kleinen Texte Heines. „Reisebilder“ und Gedichte, das „Buch der Lieder“ und „Die romantische Schule“. Außerdem: Forschungsliteratur noch und nöcher. Ob da Fragen offen bleiben?

Raus aus dem Mief der angestrengt denkenden Akademiker, rein in die echte Welt. Direkt vor der Bibliothek steht es: das bronzene Standbild des nachdenklichen Heines, an dem sich die Nazis einst gestoßen haben. Hier sieht jener, dessen Geburtstag sich heute zum 216. Mal jährt, taufrisch aus. Was er wohl denkt, wenn er täglich die Studentenschaft an sich vorbeischlurfen sieht?

Was auch immer er denkt, die wichtigsten Ratschläge hat er schon vor knapp 200 Jahren formuliert — sichtbar an den neugestalteten Fronten der Philosophischen Fakultät. „Geld ist rund und rollt weg, aber Bildung bleibt“, heißt es. Gut, dass dieser Spruch nicht am Oeconomicum, Heimat der Wirtschaftswissenschaftler, steht. Eine andere Weisheit: „Schlage die Trommeln und fürchte dich nicht“, selbst Gerhard Schröder hat sie im diesjährigen Bundestagswahlkampf bemüht. Man kann sich seine Fans eben nicht aussuchen.

Derweil wird in der Uni-Buchhandlung ebenfalls versucht, aus Gold (Heines Worten) Geld zu machen: Heine-Aphorismen verzieren bunte Tassen. Merchandise-Artikel nennt man das im Musikgeschäft. Heine, der Popstar. Die echten, literarischen Werke gingen allerdings schon seit längerem nicht mehr so gut, lässt die freundliche Verkäuferin wissen. „Da gehen andere Autoren besser.“ Goethe, Mann, Kafka — manchmal muss man eben mit einer Tasse Vorlieb nehmen. Wer sagt, die Welt sei gerecht?

Der Bezug zum Heine-Werk wird dann zum Glück doch noch gefunden. Wo? An der Basis, bei den Studenten natürlich. Beim Asta gibt’s Jute-Beutel mit dem Konterfei des Namenspatronen — in schwarz und orange. Und wo man schon mal hier ist, geben die Studenten noch einen Tipp mit auf den Weg: Morgen um 20 Uhr bringen 15 Germanistik-Studenten Heines Einakter „William Ratcliff“ auf die Bühne des Forum Freies Theater.

Wer suchet, der findet: Heine ist an der Uni fast allgegenwärtig. Es gibt Taschen, Tassen, Aufkleber und Statuen — dies formt eine besondere Art Erinnerung und Auseinandersetzung. Manchmal allerdings, nur manchmal, drängt sich der Gedanke auf, die Beschäftigung mit Heines Werk geriete dabei in den Hintergrund.

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