Grundwasser in Gerresheim durch Lösch-Schaum verseucht

Verschmutzung: Beim Großbrand in der Glashütte 2001 sickerte giftiges PFT in den Boden. Nebenan im Kleingarten ist das Gemüse kontaminiert.

Düsseldorf. Noch im vergangenen Sommer plantschten die Kinder im Schwimmbecken in Günther Pietschs Kleingarten. Seine Frau ist Kinderfrau, sie bringt die Kleinen immer mit zum Toben in die Anlage Hippeland am Zamenhofweg.

Unbeschwert spielten sie in dem Wasser, das direkt aus dem Grundwasserbrunnen kam. In verseuchtem Wasser, wie die Kleingärtner jetzt erst erfahren haben. Das Umweltamt hat hohe Konzentrationen von Perfluorierten Tensiden (PFT) gefunden. Diese Stoffe stehen im Verdacht, krebserregend zu sein.

Wie die Schadstoffe in den Boden gelangten, ist klar: Am 1. Mai 2001 brannte eine 100 mal 200Quadratmeter große Lagerhalle auf dem Gelände der Glashütte, 20000 Paletten mit Getränkekisten standen in Flammen.

Werks- und Berufsfeuerwehr brauchten 13 Stunden, um das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Der Brandrauch zog durch mehrere Stadtteile, ein Schaden von rund fünf Millionen Mark entstand. Erst mit dem massiven Einsatz von Lösch-Schaum konnten die Flammen erstickt werden. Und in diesem Schaum befanden sich PFT.

Auf die Gefährlichkeit der Tenside wurde die Öffentlichkeit allerdings erst Jahre später durch den Skandal am Möhnesee im Kreis Soest aufmerksam. Durch verseuchten Dünger gelangten die Schadstoffe in das Wasser und kontaminierten auch die Fische. Angler wurden danach untersucht, ihr Blut wies eine hohe Konzentration der PFT auf.

"Nach dem Skandal fiel erst auf, dass PFT auch im Lösch-Schaum enthalten sind", erklärt Umweltamtsleiter Werner Görtz. Daraufhin sei 2007 auch der Boden an der Glashütte untersucht worden - schließlich waren bei dem Brand über 40 Kubikmeter Lösch-Schaum verbraucht worden. "Überall auf dem Gelände sind Versickerungsspuren", sagt Görtz.

"Und das Grundwasser liegt dort nah unter der Oberfläche." Mit weiteren Bohrungen folgten die Mitarbeiter des Umweltamtes dem Gift auf seinem Weg durch den Untergrund. Bis sie es Ende 2009 auch in den Brunnen der Kleingartenanlage Hippeland fanden. "Dort liegen sehr hohe Konzentrationen vor", bestätigt Görtz.

Das Brisante: PFT breiten sich nicht nur schnell aus, im Gegensatz zu den meisten Schadstoffen im Wasser reichern sie sich auch in Lebensmitteln an. So wurden die Tenside auch in Gemüse gefunden, dass in den Gärten mit Brunnenwasser gesprengt worden war. Per Allgemeinverfügung hat die Stadt die Pumpen der Kleingärtner jetzt stillgelegt.

Dennoch haben die Pächter der Parzellen Angst. Wie Rudi Weismantel, Vorsitzender des Vereins Hippeland. Er schaut auf den schneeweiß blühenden Kirschbaum in seinem Garten. "Der hat tiefe Wurzeln", sagt er. "Was war in den Früchten wohl drin, und was ist da noch immer drin?"

Er sorgt sich, dass er in den vergangenen Jahren unbemerkt schon viel von den Schadstoffen aufgenommen hat. Umweltamtschef Görtz allerdings beruhigt: Damit ein zehn Kilo schweres Kleinkind die Grenze der Bedenklichkeit überschreite, müsste es pro Jahr vier Liter des Brunnenwassers getrunken haben.

Sorgen bleiben im Hippeland dennoch. Denn die Stadt wird ein bis zwei Jahre brauchen, um überhaupt zu prüfen, wo und wie sie die PFT aus dem Grundwasser ziehen kann. Bis dahin muss der Verein mit der Verseuchung leben. Dabei zahlt er noch immer das Grundstück für die 54Parzellen ab.

Von der Pacht seiner Mitglieder. "Aber was, wenn die mir jetzt abspringen?", fragt Rudi Weismantel. "Drei wollen schon verkaufen." Er hofft noch auf Hilfen von der Stadt - wenigstens bei der Rechnung für das Leitungswasser. Denn irgendwie müssen die Kleingärten ja auch in diesem Sommer bewässert werden.

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