Düsseldorf Großbrand in der Flüchtlingsunterkunft - Eine Tat mit Ansage

Der mutmaßliche Rädelsführer hatte schon vor dem Großbrand damit gedroht, es werde ein Feuer geben. Kritik an CDU-Mann Lehne.

Düsseldorf: Großbrand in der Flüchtlingsunterkunft - Eine Tat mit Ansage
Foto: dpa/Chaperon/Schultz-Igast

Düsseldorf. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) als Betreiber der abgebrannten Flüchtlingsunterkunft widerspricht der Darstellung, die Verpflegung der Bewohner sei Grund für die mutmaßliche Brandstiftung gewesen. „Die Diskussion über das Essen ist in der Unterkunft vollkommen nebensächlich gewesen“, erklärt Volkmar Schultz-Igast, Abteilungsleiter Flüchtlingsunterkünfte.

Immer wieder seien von einigen Bewohnern Taten angedroht worden, das habe das DRK auch der Stadt gemeldet. Es seien mehrfach Platzverweise und Hausverbote ausgesprochen worden. Das Sozialamt und das Ausländeramt hätten sehr genau hingesehen, es habe Gefahrenansprachen und Belehrungen gegeben. Die Situation in der Messehalle sei jedoch extrem gewesen und wohl auch deshalb eskaliert, weil dort nur alleinreisende Männer unterschiedlichen Glaubens gemeinsam untergebracht gewesen seien.

„Unter den insgesamt 282 Bewohnern gab es ein knappes Dutzend Störer, die immer wieder zum Aufruhr und zur Gewalt aufgerufen haben“, berichtet Schultz-Igast. Der Rädelsführer, der als mutmaßlicher Täter von der Polizei in Gewahrsam genommen wurde, habe zuvor angekündigt, dass diese Halle brennen werde. Noch am Montag habe das DRK mit der Stadt darüber gesprochen. In der Nacht zu Montag hätten einige Bewohner gefordert, unverzüglich aus der Messehalle in Hotelunterkünfte gebracht zu werden. Die Stadt habe das abgelehnt.

Dass es in Flüchtlingsunterkünften Probleme gibt, sei kein Phänomen, das nur in der Messehalle aufgetreten sei. „Die Menschen leben in einer großen Perspektivlosigkeit, Träume platzen, daraus wird Frustration und diese entwickelt sich zur Aggression.“ Auch in den von den Maltestern betriebenen Traglufthallen in Mörsenbroich und Garath habe es „in den letzten Wochen massive Probleme gegeben“. Ein anderes Beispiel sei die Turnhalle der Universität. „Nachdem es dort mehrfach Polizeieinsätze gegeben hat, haben wir 52 Afghanen von dort in die Borbecker Straße verlegt, denn es gab offene Konflikte zwischen Schiiten und Sunniten“, berichtet Schultz-Igast.

Das DRK hatte die Halle im Auftrag der Stadt Mitte Februar leer übernommen. Dort lebten Christen, Moslems, Kopten und Orthodoxe zusammen. „Einige haben sich negativ über den muslimischen Glauben geäußert und den Sinn des Fastenmonats Ramadan in Frage gestellt. Der Ramadan bewirkt, dass die Menschen dünnhäutiger sind, sie haben Hunger“, sagt Schultz-Igast.

Erst habe es nur verbale Auseinandersetzungen gegeben, dann seien auch Fäuste geflogen. „Der ethnisch-religiöse Konflikt wird aus den Heimatländern nach Deutschland getragen. Es kommt täglich zu Reibereien“, sagt Schultz-Igast. Weil die Brisanz der Situation bekannt gewesen sei, hätte an der Messe auch rund um die Uhr Security gestanden. Eigentlich sei das nur in Landesunterkünften üblich.

In anderen Unterkünften ist die Atmosphäre nach den Worten des DRK-Abteilungsleiters nicht so explosiv, weil dort auch Familien untergebracht sind, das sorge für eine gewisse Ordnung. Es gebe dann Ältere, auf die gehört wird. „In der Messe jedoch war jeder für sich unterwegs und das führt zu der Jeder-gegen-jeden-Mentalität“, so Schultz-Igast.

Erschwerend hinzu kommt, dass in der Messe nach Angaben des DRK auch ein knappes Dutzend Männer untergebracht war, die bereits in den Unterkünften an der Lacombletstraße und der Löbbeckestraße als Störer aufgefallen seien. „Diese Querulanten kommen hauptsächlich aus den Mahgreb-Staaten“, so Schultz-Igast. Zwar habe man Mittel zur Entspannung der Situation gesucht, „wir haben zwei Fernseh-Ecken und ein Bistro eingerichtet, aus Spenden 21 Sofas aufgestellt, mit dem Welcome-Point Freizeitaktivitäten angeboten und die Zahl der Sozialarbeiter vor Ort von drei auf sechs Personen erhöht“, zählt Schultz-Igast auf. Jedoch: „Unsere Mitarbeiter wurden beschimpft und bespuckt, sie wurden mit Tassen und Schuhen beworfen.“

Ein weiterer Umstand habe dem DRK die Arbeit vor Ort schwergemacht: Das Liegenschaftsamt habe mit Hinweis auf zu hohe Kosten und ohne vorher mit dem DRK als Betreiber zu sprechen immer wieder Veränderungen vorgenommen. „Die Küche musste von draußen in die Halle, was zu mehr Lärm führte. Ein Aufenthaltszelt wurde abgebaut, das zum Fußball- und Handballspielen genutzte Feld war plötzlich Lastwagen-Parkplatz, die Scheinwerfer der Lichtanlage sind abgebaut worden. Das frustriert uns als DRK“, sagt Schultz-Igast.

Innerhalb des DRK sorgen derweil politische Äußerungen des Vorsitzenden Olaf Lehne (CDU) für Unmut. Dieser hatte gegenüber Journalisten die Abschiebung der Brandstifter gefordert, falls sich die Anschuldigungen gegen diese bestätigten. „Wer eine solche Einrichtung anzündet und damit andere Flüchtlinge und die Hilfskräfte in Gefahr bringt, ist kriminell“, sagte Lehne. „Und wer kriminell ist, den braucht unser Land nicht.“

Einige ehrenamtlich im DRK tätige Mitarbeiter stellen die Frage, ob eine solche Äußerung und Haltung mit dem Rotkreuzgrundsatz der Neutralität vereinbar ist. „Es kann nicht sein, dass Herr Lehne das DRK benutzt, um für sich privat Landtagswahlkampf zu machen“, empört sich ein ranghoher Ehrenamtler. In der Präsidiumssitzung am kommenden Dienstag soll „diese Thematik im Detail erörtert werden“, heißt es.

Mehrere Landtagsabgeordnete der Grünen schickten am Freitag einen offenen Brief an die DRK-Zentrale in Berlin, darin kritisieren sie u.a., Lehne habe die Medien, in denen er sich geäußert habe, „an keiner Stelle“ darauf hingewiesen, dass er sich in der CDU um ein Landtagsmandat bewirbt. Lehne selbst weist diese Darstellung zurück. Die Linken wiederum fordern Lehnes Rücktritt als DRK-Vorsitzender.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort