Interview Gregor Berghausen (IHK): „Düsseldorf ist kerngesund“

Der Geschäftsführer spricht im Interview über das symbiotische Verhältnis von Industrie und Dienstleistern in der Landeshauptstadt.

Industrielle Großbetriebe wie Henkel gehören zu den Aushängeschildern Düsseldorfs.

Industrielle Großbetriebe wie Henkel gehören zu den Aushängeschildern Düsseldorfs.

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Düsseldorf. Herr Berghausen, wie beurteilen Sie die Entwicklung des Zusammenspiels zwischen der Industrie und des Dienstleistungssektors in Düsseldorf?

Interview: Gregor Berghausen (IHK): „Düsseldorf ist kerngesund“
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Gregor Berghausen: Die sogenannte Tertiärisierung, also der Wechsel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft wird und wurde in nahezu allen westeuropäischen Volkswirtschaften vollzogen. Wichtig für das Land und die Städte ist, inwiefern der industrielle Kern noch funktionsfähig ist. So gab es in England beispielsweise die komplette Konzentration auf den Dienstleistungssektor, was das Land nicht wirklich weiter gebracht hat, da der industrielle Kern von zentraler Bedeutung ist.

Wie hat Düsseldorf diesen Wechsel vollzogen?

Berghausen: Sehr positiv. Wir haben im IHK-Bezirk Düsseldorf noch einen Anteil am produzierenden Gewerbe von knapp 20 Prozent, der auf verschiedene Branchen wie der Chemie, dem Maschinen- und dem Fahrfahrzeugbau verteilt ist. Düsseldorf ist hier kerngesund, weil der industrielle Kern stark und in der Gesellschaft auch anerkannt ist. So kennt jeder ein Unternehmen wie Henkel. Man schätzt hier die eigene Industrie.

Und was ist mit dem Dienstleistungssektor und seiner Beziehung zur Industrie?

Berghausen: In den vergangenen zehn bis 15 Jahren gab es in der Industrie auch in Düsseldorf einen Abbau von Arbeitsplätzen, der vom aufstrebenden Dienstleistungssektor teilweise aufgefangen werden konnte. Dabei bedeuten weniger Jobs nicht unbedingt einen Rückgang der Wirtschaftskraft der Industrie. Um den industriellen Kern haben sich dann industrielle Dienstleister angesiedelt — teilweise mit Leistungen wie der Wartung, die früher von der Industrie selbst übernommen worden sind. Das wird beispielsweise bei den Chemieparks deutlich, wo durch Ausgründungen neue Unternehmen im Dienstleistungssektor entstanden sind. Das gilt auch für die Maschinenbauer. So entsteht ein symbiotisches Verhältnis von Industrie und Dienstleistung, wobei das Leistungsspektrum nicht nur für das ursprüngliche Unternehmen von Bedeutung ist. Das ist wichtig für den Standort.

Gibt es konkrete Beispiele in Düsseldorf?

Berghausen: Nehmen Sie den Düsseldorfer Süden. Hier ist über den Weg der Ausgründung und späteren Übernahme eine Stärkung des Chemiestandortes erfolgt, indem sich neben Henkel ein zweites großes Chemieunternehmen dort angesiedelt hat. Eine Entwicklung, die vielen Düsseldorfern gar nicht so bewusst ist. Auch hier sind durch das ursprüngliche Joint-Venture neue Strukturen mit neuen Dienstleistern im Chemiepark entstanden und die Jobs konnten erhalten werden. So gibt es in der Chemiebranche einen industriellen Kern, um den sich viele kleinere Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor angesiedelt haben. Und der Standort Düsseldorf profitiert davon. Eine solche Kombination ist ideal und der Prototyp für funktionierende Strukturen. Wichtig war, dass zum richtigen Zeitpunkt vor Ort richtig gehandelt worden ist.

Wie geht die Entwicklung weiter? Kann der Dienstleistungssektor weiter von der Industrie profitieren?

Berghausen: Der Wandel in der industriellen Entwicklung ist abgeschlossen. Da wird sich nicht mehr viel verändern. Hier haben wir heute einen stabilen, zukunftsfähigen Branchenmix. Die neue, globale Herausforderung ist heute die Digitalisierung. Dabei können wir als IHK Unternehmen zwar mit Know-how unterstützen, den eigentlichen Prozess müssen diese aber selbst vollziehen.

Welche Rolle spielen hier Dienstleister?

Berghausen: Eine Bedeutung bei der Digitalisierung hat für Düsseldorf die Start-up-Kultur. Das sind kleine neue Unternehmen mit Menschen, die in den neuen digitalen Strukturen denken, und die wertvoll für die bestehenden großen Konzerne sind. Da macht es Sinn, sich wie bei der Metro mit Inkubatoren aus der Start-up-Szene zu umgeben. Betroffen von der digitalen Herausforderung sind die komplette Industrie und der komplette Dienstleistungssektor. Dieser Entwicklung kann sich keiner entziehen.

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