Gestatten, Geisel! SPD-Kandidat stellt sich den Genossen vor

Der potenzielle Oberbürgermeister hielt seine erste Rede vor der Parteibasis. Es gab viel Beifall und minutenlange Ovationen.

Düsseldorf. 20 Minuten, die in die Zukunft weisen: So lange redete der designierte OB-Kandidat der SPD am Samstag zu den Genossen. Beim Parteitag im Geschwister-Scholl-Gymnasium sprach Thomas Geisel erstmals vor der sozialdemokratischen Basis, einige kannten ihn bisher nur aus der Zeitung. Ein mit Spannung erwarteter Auftritt also, der das Ergebnis der Vorstandswahl (siehe Info-Kasten) in den Schatten stellte.

Selbstbewusst gibt sich Geisel und kämpferisch, zuweilen hemdsärmelig. Kein „Genosse der Bosse“ will er sein, sondern einer, der die Sprache der Angestellten und Handwerker spricht. Den fehlenden Stallgeruch zumindest in der Düsseldorfer SPD nimmt man ihm nicht übel, eher im Gegenteil. Die Erinnerung an die Grabenkämpfe der letzten Jahre um inhaltliche Ausrichtung und Spitzenpersonal sind den Genossen nur zu gut in Erinnerung. Das geschlossene Auftreten seiner Partei findet auch der Vorsitzende Andreas Rimkus „außergewöhnlich“ und stellt zufrieden fest: „Wir sind wieder da.“

Eine Wechselstimmung will Thomas Geisel in Düsseldorf festgestellt haben, sogar „bis tief hinein ins bürgerliche Lager. Die Leute spüren, diese Stadt wird unter ihrem Wert regiert.“ Den aktuellen Amtsinhaber bezeichnet er als Nachlassverwalter, „der sich am Erbe seines Vorgängers abarbeitet, ohne eigene Impulse zu setzen“.

Harsche Kritik auch an Elbers’ Führungsstil: Dem mangele es an Respekt und Wertschätzung für die eigenen Mitarbeiter. Die Aufarbeitung der Facebook-Affäre sei geprägt gewesen von „Scheinheiligkeit und Tricksereien“. Kurzum: „Düsseldorf braucht eine neue Führungskultur. Und nicht nur im Rathaus, sondern im ganzen Konzern Stadt.“

Düsseldorf. Wahlkampfschwerpunkt soll erwartungsgemäß das Thema bezahlbarer Wohnungsbau werden. „Die Stadt muss sich die Frage stellen, ob die öffentliche Hand nicht unmittelbar eingreifen muss“, sagt der 49-jährige gebürtige Schwabe. Und stellt damit die Schuldenfreiheit als oberste Priorität in Frage. Städtische Töchter zum Schließen von Haushaltslöchern zu schröpfen, wie es jüngst bei Stadtsparkasse und Messe geschehen sei, schließt er ebenfalls aus, verspricht aber: „Ich werde nichts tun, was kaufmännisch nicht vertretbar ist, aber ich werde gleichzeitig auch nichts unterlassen, nur weil irgendwelche Ideologen immer noch diesem albernen Motto „Privat vor Staat anhängen.“ Worte, die auf dem Parteitag viel Beifall finden.

Ein Makel bleibt in den Augen mancher Genossen die geheime Kandidatenkür — eine Findungskommission hatte hinter verschlossenen Türen getagt. „Ich gebe zu, das hatte mit Basisdemokratie und Willensbildung von unten nach oben nicht allzu viel zu tun. Das muss ich auf meine Kappe nehmen.“ Dass sie ihm bereits verziehen haben, beweisen die Genossen mit minutenlangem Beifall und Ovationen.

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