Gerresheim: “Hier sagt man sich noch Guten Tag“

Architekt Niklaus Fritschi ist 13 Mal in Düsseldorf umgezogen. In Gerresheim ist er angekommen.

Düsseldorf. Niklaus Fritschi arbeitet an der Fichtenstraße. Von dort fahren wir hoch nach Gerresheim. Am Ende der Dreherstraße geht der Blick nach rechts in die Fußgängerzone. Es ist Dienstag, einer von drei Markttagen. Die Stände sind in der Fußgängerzone aufgereiht, dahinter ragt der Turm der Basilika St. Margareta auf, nochmals dahinter erhebt sich das Grün der Gerresheimer Höhen.

Ein toller Anblick, sozusagen die Postkarte von Gerresheim. "Das ist schon sehr schön", sagt Fritschi. Kirche und Wald: Dieser Blick bedeutet für überzeugte Gerresheimer Heimat. Der Stadtteil ist ein Ort für sich, älter als Düsseldorf - und hat ganz lebenspraktische Vorzüge: "Hier bekommen wir alles", sagt Fritschi ein paar Minuten später beim Capuccino am Markt. Supermärkte, Obst- und Fischhändler, Metzger - alles da. "Wir fahren nicht oft in die Stadt."

Fritschi lebt mit Frau und Kindern seit 1997 in der neuen Siedlung an der Heinrich-Könn-Straße, hat dort selbst gebaut. Gerresheim ist kräftig gewachsen in den letzten Jahren, dort und auf dem Ziegeleigelände gegenüber.

Rund um seinen Häuserblock hat Fritschi etwas angelegt, das in seinen Augen den Stadtteil auszeichnet: einen Schleichweg. Tatsächlich gibt es allein an Kölner und Neusser Tor mehrere Abzweigungen. Schleichwege ermöglichen Freiheiten bei der Wahl der Route, schaffen Begegnungen oder schließen sie aus, sie fördern Entdeckungen und letztlich die Kommunikation - da kennt sich Fritschi, der die Rheinuferpromenade geplant hat, aus.

Sein Fazit: "In Gerresheim sagt man sich Guten Tag. Man bleibt stehen, kommt leicht ins Gespräch." Denn: "Das ist hier schon ein bisschen Stadt, aber klein genug, dass man Leute trifft." Das mag der gebürtige Schweizer.

Für den Stadtplaner ist der Stadtteil also eine Art Idealfall, erst recht mit Blick auf die aktuellen Debatten um Nachhaltigkeit und Ökologie: "Trabantenstädte sind Energiefresser. Die Leute fahren nur mit dem Auto hin und her. Hier dagegen kann ich vieles zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigen." Die Stadt, sagt Fritschi überzeugt, sollte die Stadtteile stärken, wo sie kann, den kleinen Einzelhandel in den Unterzentren unterstützen.

Fritschi schätzt Supermärkte nicht, aber den Markt, die kleinen Geschäfte. Restaurants? "Da hat sich viel getan." Es gibt einen Türken am Neusser Tor, auf der Heyestraße einen Vietnamesen, mehrere gute Italiener. Fritschi hat es gerne herzhaft und geht zum Sarden auf die Benderstraße. "Pasta mit der typischen Wurst, eine bäuerliche Küche, sehr lecker." Er steuert aber auch Schumacher am Kölner Tor an, trinkt ein Alt, isst ein Mettbrötchen.

Am Wochenende sind große Spaziergänge Pflicht. Es geht in den Wald, in alle Richtungen - zur Rennbahn, nach Hubbelrath oder auf die Höhen. Gerresheim ist eingeschlossen von Grün, kein anderer Stadtbezirk bietet so viel Natur wie der Osten.

Jetzt, wo der Frühling kommt, starten in der Siedlung die Boulespiele. Fritschi lächelt, kein Zweifel, er fühlt sich wohl. 13 Mal ist er in der Landeshauptstadt umgezogen, hat als Student in der Kunstakademie gewohnt (verboten) und in einer Abbruchhaus-WG in Oberkassel (gefährlich). Dann ging’s quer durch die Stadt von der Erkrather Straße nach Unterbilk und auch zum Kaiser-Friedrich-Ring nach Oberkassel. "Sehr schön mit Blick auf die Schafe am Rhein. 15 Jahre habe ich dort gewohnt."

Die Nachbarschaft und die Durchmischung, die hat ihm dort jedoch gefehlt. "In all den Jahren habe ich außer dem Hausmeister keinen kennengelernt." Gerresheim dagegen hat sich weiterentwickelt, "es ist bunter geworden". Fritschi freut sich über Afrikaner, über Japaner - und die Italiener haben dem Süden Gerresheims den Namen Little Italy gegeben.

Den nicht so gutbürgerlichen Anstrich rund um Heyestraße und Glashütte mag er sehr. "Als Student sind wir immer bei Mama Lisi essen gegangen. Es war gut und billig. Das Restaurant gibt’s heute noch." Stimmt - an der Nachtigallstraße gleich am Bunker. Man sollte sich vom 60/70er-Ambiente nicht abschrecken lassen und die Pizza bestellen...

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