Gepanschtes Krebsmedikament: 900 Patienten in Düsseldorf betroffen

Auch das Europäische Brustzentrum wurde beliefert. Experte erklärt mögliche Gesundheitsfolgen.

Gepanschtes Krebsmedikament: 900 Patienten in Düsseldorf betroffen
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Eine unwirksame Therapie: Das ist eine schreckliche Diagnose, vor der wohl jeder Krebspatient die größte Angst hat. Zutreffen könnte dies, nach der Recherche des Journalistenportals „Correctiv“, leider jedoch jetzt für 933 Menschen, die in zwei Düsseldorfer Praxen mit nicht korrekt dosierten Krebsmedikamenten behandelt worden sind. Hergestellt wurden die Mittel vom Apotheker Peter S. aus Bottrop, der über Jahre gepanschte Infusionen in seiner „Alten Apotheke“ verkaufte. Er sitzt seit November 2016 in Untersuchungshaft.

Gepanschtes Krebsmedikament: 900 Patienten in Düsseldorf betroffen
Foto: Gero Breloer/dpa

Marcus Bensmann von „Correctiv“ berichtet von 900 Patientinnen, die beim „Europäischen Brustzentrum“ des Spezialisten Dr. Mahdi Rezai betroffen sind und 33 Patienten der „Urologie am Malkasten“. Stellungnehmen wollten sowohl Dr. Rezai als auch die Urologie-Praxis nicht.

Das Düsseldorfer Gesundheitsamt wurde am 4. September von den Bottroper Kollegen über die betroffenen Praxen in Kenntnis gesetzt. Informiert wurden daraufhin die Kassenärztliche Vereinigung und auch die Ärztekammer Nordrhein. 13 Fälle sind, laut einem Sprecher der Kammer, im Landesteil Nordrhein (Regierungsbezirke Köln und Düsseldorf mit rund 9,6 Millionen Einwohnern) bekannt.

„Die Stadt fühlt sich als WHO-Healthy-City der Gesundheit der Bevölkerung verpflichtet. Auf der Internetseite des Gesundheitsamtes wird eine Liste mit den betroffenen Medikamenten veröffentlicht“, teilte Pressesprecher Michael Bergmann mit. Außerdem biete sie Betroffenen, die eine Selbsthilfegruppe gründen möchten, Unterstützung an.

Dr. Fadi Diab ist Facharzt für Strahlentherapie und Radiologie. Er schätzt die Folgen für den Patienten, aber auch für den behandelnden Arzt als dramatisch ein. Der Patient warte zum Teil wochenlang auf ein Medikament und hege natürlich eine große Hoffnung.

„Eine Unterdosierung kann dramatische Folgen haben“, erklärt Fadi Diab. „Das heißt im schlimmsten Fall ist die ganze Therapie unwirksam. Es kann zu einer sogenannten Progredienz führen, das heißt zu einem Wachstum des Tumors und zu Metastasen.“

Unwissend würden sowohl Arzt als auch der Patient getäuscht. „Denn der Arzt kann falsche Schlussfolgerungen ziehen“, sagt der Onkologe. „Möglicherweise sagt er dem Patienten, er kann ihm nicht mehr helfen, fälschlicherweise ist oder mit dem Latein am Ende oder stellt die Therapie um. Wenn man unterdosiert wird, können außerdem die Tumorzellen immun und resistent werden.“

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