Für ein Kämmen ohne Ziepen

Wo Strähnen 20 000 Mal in vier Stunden durchgekämmt und Haare bis zum Zerreißen gespannt werden: ein Blick ins Haarlabor von Henkel.

Für ein Kämmen ohne Ziepen
Foto: Judith Michaelis

Ein Problem, das wohl vor allem die Frauen kennen: Man kommt aus der Dusche, möchte die frisch gewaschenen Haare durchkämmen und dann das. Es hakt und ziept, mit der Bürste ist kein Durchkommen. Um unschöne und auch schmerzhafte Erfahrungen wie diese zu vermeiden, sind Sabine Babiel und ihr Team Tag für Tag im Einsatz. Sie arbeiten im Haarlabor der Firma Henkel und testen dort Shampoos, Kuren, Colorationen und mehr auf ihre Wirkung. Und dabei ist die Kämmbarkeit des nassen Haares, direkt nachdem man ein Shampoo oder Ähnliches benutzt hat, einer der wichtigsten Aspekte, erklärt die Laborleiterin.

Aber wie wird so etwas überhaupt getestet? „Auf jeden Fall mit Echthaar“, sagt Sabine Babiel. Mit einem synthetischen Ersatz sei es nicht möglich, die Wirkung der Produkte auf das biologische Material Haar so genau zu testen wie gewollt. Die Firma Henkel bezieht ihr Haar übrigens über einen internationalen Lieferanten, der unterschiedliche Typen im Angebot hat — vom elliptisch geformten europäischen Haar bis hin zu asiatischen Haaren, die viel runder geformt und daher glatt sind. Für die Tests werden die Haare zu Strähnen des jeweiligen Typs zusammengefasst. Das heißt, in einer Strähne finden sich Haare von nicht nur einer Person, sondern von vielen verschiedenen Personen.

Ebenso wichtig wie echtes Haar ist im Test auch eine Standardisierung, erklärt Sabine Babiel weiter. Denn nur, wenn die gleiche Menge Haar mit der gleichen Menge Shampoo über die gleiche Zeit gewaschen und anschließend mit der gleichen Menge Wasser gleich lang wieder ausgespült und dann gleich lang gekämmt wird, können brauchbare Ergebnisse dabei herauskommen.

Im Henkel-Haarlabor funktioniert das mit Maschinen, teils gekauft, hauptsächlich aber eigens konzipiert und gebaut. In einer dieser Maschinen sind beispielsweise nasse Haarsträhnen aufgehängt. Nach und nach nimmt sich ein Greifarm je eine Strähne und führt sie zu einem Kamm. Ein anderer Apparat macht den gleichen Test mit trockenem Haar. In beiden Fällen wird die Kraft gemessen, die zum Durchkämmen der Haare notwendig ist. Um die Wirkung der getesteten Produkte zu ermitteln, werden die Haare einmal vor und dann noch einmal nach der Behandlung auf ihre Kämmbarkeit hin überprüft.

Ein paar Meter weiter steht eine ganz andere Maschine, die Haarsträhnen innerhalb von vier Stunden ganze 20 000 Mal durchkämmt. „Etwa so viel, wie wir unsere Haare in vier Jahren bürsten“, sagt Sabine Babiel. Innerhalb der vier Stunden werden abgebrochene Haare unter den Strähnen in einem Behälter gesammelt. So lässt sich anschließend der Haarbruch ermitteln.

Spliss untersuchen die Experten mit Hilfe eines Siebes, in dem gespaltene Haare hängen bleiben. Um die Kräftigung der Haarstruktur zu messen, werden in einem anderen Apparat einzelne Haare eingespannt und bis zum Zerreißen gedehnt.

Ihre Ergebnisse reichen die Tester an die Produktentwickler weiter. Manchmal ist ein Wert direkt so, wie es sich die Entwickler vorgestellt haben, manchmal eben nicht. Dann wird das Produkt optimiert, anschließend erneut getestet.

Ganz neue Produkte, die noch in der Planung sind, landen genauso im Labor wie die, die schon lange Jahre auf dem Markt sind, aber nun geringfügig verändert werden sollen. Die Tester beachten auch Trends in der Gesellschaft. „Dazu ist ein stetiger Austausch mit der Marktforschung notwendig“, erklärt Sabine Babiel. So gibt es im Labor seit einiger Zeit etwa einen Glätteisen-Simulator. „Das Glätteisen ist immer populärer geworden. Solche Vorschädigungen, die immer mehr Haare haben, möchten wir natürlich berücksichtigen.“

Eine Beanspruchung von Haaren sei in einem gewissen Maß übrigens völlig normal, weiß Sabine Babiel. Von der heißen Luft des Haartrockners über Chlorwasser im Schwimmbad, UV-Strahlung und tägliches Kämmen bis hin zur Coloration oder Blondierung. „Wichtig ist, dass man nicht übertreibt“, empfiehlt die Expertin und gibt noch einen Tipp: „Am nassen Haaren bitte nicht herumzerren, wenn sie verknotet sind. Denn im nassen Zustand sind Haare viel empfindlicher und anfälliger. Also immer schön vorsichtig.“

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