Früherer Ladenschluss: Fluch oder Segen?

SPD hatte Gegner und Befürworter eingeladen. Es gab keine Einigung.

Düsseldorf. Das Wort Shoppen fällt nicht ein einziges Mal, noch nicht einmal die deutsche Variante Einkaufsvergnügen. Wenn’s um Ladenöffnungszeiten in den späten Abend- oder Nachtstunden oder an Sonntagen geht, spricht die Düsseldorfer SPD eher von „Auswüchsen in der „kommunalen Kultur“ und von „krankmachenden Arbeitszeiten“. Die SPD-Ratsfraktion hatte jetzt zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Ende offen oder Schluss damit?“ eingeladen. Debattenstand bei den Genossen: Den Kommunen soll eine bestimmte Anzahl von Sonntagen, höchstens ein Dutzend, zur Verfügung gestellt werden. Das sei in Düsseldorf kein Problem. Andere Städte sind da sonntags offener, zum Beispiel Köln und Dortmund oder Bielefeld, das auf 28 Einkaufssonntage kommt.

An stillen Feiertagen wie dem 1. Mai (Tag der Arbeit) oder dem 3. Oktober (Tag der Deutschen Einheit) soll alles zu bleiben. Auch, ob am 1. oder 2. Weihnachts- bzw. Osterfeiertag was wo verkauft werden darf, müsse ernsthaft diskutiert werden. Die Wochentags-Öffnungszeiten seien eine „Werteentscheidung“ und für die SPD „eine noch offene Debatte“. In der will die SPD-Landtagsfraktion noch im März zu einer Entscheidung kommen, sagte Dietmar Bell, stellvertretender wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Partei.

Superintendentin Henrike Tetz vom Evangelischen Kirchenkreis Düsseldorf ist ganz klar gegen Sonntagsöffnungen. Nicht nur wegen des Kirchgangs. Es gehe schließlich um die Würde des Menschen. Der Sonntag sei ein Ruhepunkt mit sozialem Erholungswert — mit möglichen, geprüften Ausnahmen. Aber nicht mehr als vier im Jahr.

Rainer Gallus vom Handelsverband meint, der Handel reagiere auf Kundenwünsche, er brauche die Flexibilität, um gegen andere Vertriebsformen bestehen könne. Im Internet könne man ja schließlich ungehindert rund um die Uhr einkaufen.

Angelika Wiese von der Gewerkschaft Verdi sieht im Ladenschluss-Gesetz auch eine Schutzfunktion für die Beschäftigten. Die verlängerten Öffnungszeiten hätten weder höhere Umsätze noch mehr Stellen gebracht. Nachts und sonntags einkaufen sei keine gesellschaftliche Notwendigkeit wie die Arbeit in Krankenhäusern oder bei der Polizei und Feuerwehr. Nachtarbeit sei kinder- und familienfeindlich.

Martin Brüning von der Rewe-Group steht da ziemlich allein mit seiner Einstellung: 61 der 836 Märkte der Gruppe in NRW, zu denen auch der Discounter Penny gehört, hätten bis Mitternacht geöffnet: „Die Kunden stimmen mit den Füßen ab. Die Öffnungszeiten haben sich bewährt.“ Für Rewe sei dass auch ein wirtschaftlicher Erfolg. Das Angebot werde eher von jungen Menschen angenommen — nicht nur zum Einkaufen, auch zum Jobben. So ein später Job mache in jungen Familien die Kinderbetreuung rund um die Uhr erst möglich.

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion folgt noch eine parteiinterne Tagung. Eine vom Thema direkt Betroffene seufzt: „An dieser Veranstaltung kann keiner teilnehmen, der im Einzelhandel arbeitet.“

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