Die Toten Hosen Film und Live-Mitschnitt: Ein Denkmal für die Toten Hosen

Düsseldorf · Neben dem Film „Weil du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour“ wird auch der Live-Mitschnitt „Die Toten Hosen Zuhause live“ veröffentlicht, und zwar in allen erdenklichen Formaten. Die Toten Hosen haben den Tod noch lange nicht hinter sich stehen.

 Eine Szene des Films „Weil du nur einmal lebst - Die Toten Hosen auf Tour“ (undatierte Filmszene). Der Film kommt am 28.03.2019 in die deutschen Kinos.

Eine Szene des Films „Weil du nur einmal lebst - Die Toten Hosen auf Tour“ (undatierte Filmszene). Der Film kommt am 28.03.2019 in die deutschen Kinos.

Foto: picture alliance/dpa/dpa Bildfunk

Wenn man sie so auf der Bühne sieht und hört und – so muss man das bei dieser Band ja sagen, weil sie live seit jeher ein Erlebnis ist – erlebt, dann kann man sich gar nicht vorstellen, dass ein Film wie dieser so beginnt. Aber „Weil Du nur einmal lebst – auf Tour mit den Toten Hosen“ fängt tatsächlich mit einem Campino an, der motzt und seine eigenen Bandkumpane angiftet. „Dein Timing war total scheiße“, bekommt Schlagzeuger Vom Ritchie unmittelbar nach der Show mit auf den Weg in die Kabine. Gitarrist Breiti wird begrüßt mit: „Du bist sowieso entlassen.“ Und irgendwie ist es kein Wunder, dass dann auch noch dem hinterherdackelnden Kameramann die Türe vor Nase und Linse zugedonnert wird.

Die Toten Hosen funktionieren auch nach 37 Jahren perfekt

All das mag einen Hauch Ironie besitzen. Denn die Türe geht gleich wieder auf und Campino kann sofort wieder grinsen. Aber im weiteren Verlauf des Filmes zeigt sich: Wenn der Meister unzufrieden ist, dann schlägt und kratzt und beißt er wirklich. Und dann zeigt er, warum diese Band auch nach 37 Jahren noch so perfekt funktioniert wie jenes Uhrwerk, dass sie mit dem „Clockwork Orange“-Alex einst selber besangen: Weil sie aus Kumpeln besteht, die sich auch mal offen anfahren können, ohne dass gleich die Welt untergeht. Und weil Perfektion alles ist. Timing, Einsatz, Technik – es muss sitzen. Sonst macht es erst gar keinen Sinn, immer wieder vor 60 000 Menschen anzutreten. Dann kann man es gleich sein lassen.

Band-Koch Ole Plogstedt sagt einmal während der 107 Film-Minuten voller Musik und Konzertbilder und Interviews, dass im Hosen-Team jeder konsequent über Jahrzehnte hinweg mitgezogen werde. Dass aber auch jeder wisse, was er der Band für diese sagenhafte Loyalität schulde: „Dass er seinen Job so gut wie möglich erledigt.“ Nur dann läuft es. Läuft sie. Läuft die Maschinerie dieser Düsseldorfer, die irgendwann als stotternder Motor in Ranzclubs begann und heutzutage mit der Wucht eines Kreuzfahrtschiffmaschinenraumes daherkommt.

Die Toten Hosen machen es, weil sie es einfach können

Und es ist genau jene sich aus Freundschaft und Professionalität speisende Wucht, von der man dieser Tage – oder besser gesagt: An Tagen wie diesen – mal wieder überrollt wird. Denn neben dem Film, der jetzt in den Kinos gezeigt wird und den Toten Hosen ein Denkmal setzt, vom dem selbst die lebenden Nachbarschaftsdenkmäler Kraftwerk noch träumen, wird ja auch noch die Live-Platte „Die Toten Hosen Zuhause live“ veröffentlicht. In allen erdenklichen Formaten. Vom schnöden Download bis hin zur längst ausverkauften Mehrfach-Vinyl-Version. Aufgenommen beim Abschlusskonzert der „Laune der Natour“. Und in der Special-Version für die Sammler und Komplettisten auch noch erweitert um einen Mitschnitt des Auftrittes kurz nach der Tournee im Berliner Ur-Punk-Schuppen SO36.

Zweifelsohne stellt sich die Frage: Warum denn schon wieder ein Live-Album? Das ist ja nun nichts Neues. Im Gegenteil: Viele Songs sind schon auf zig anderen Live-Tonträgern enthalten. Lösen sich die Hosen also vielleicht tatsächlich bald auf und wollen einfach nochmal einen raushauen als Abschiedsgeschenk und Rentensicherung? Oder wandeln sie einfach nur irgendwie auf den Spuren der Rolling Stones, die bald ihre gefühlt dreihundertfünfzigste Best-Of-Platte unters kaufhörige Volk bringen?

Indes: Derlei Fragen sind angesichts einer Band wie dieser obsolet. Man darf annehmen, dass sich die Hosen natürlich selber gerne ob ihrer Großartigkeit feiern und sich denken: „Warum denn nicht?“ Aber vor allem: Machen sie es, weil sie es können und weil es sich lohnt. Sie können nämlich nach wie vor ein ganzes Arena-Universum durchschütteln. Und wenn sie das tun und man dabei ist, dann lohnt es sich in jeder Sekunde. Wie es eben im Film zur Tour zu sehen und auf „Die Toten Hosen live Zuhause“ zu hören ist. Hier und da rumpelt es zwar schon recht ordentlich im Gebälk und Töne von Stimmband oder Saite sitzen nicht hundertprozentig. Aber: Die Schläge der Hosen-Herzen für den Rock’n’Roll sitzen dafür noch immer umso hundertprozentiger.

Der Film zeigt Campino und Co. platt in der Umkleide

Diese fünf Typen werden angetrieben von ihrer Leidenschaft. Im Film zeigt sich das unter anderem während jener Szenen, in denen Campino und Co. nach einem weiteren Mehrere-Stunden-Konzert völlig platt in der Umkleide sitzen und nach Luft schnappen oder wenn sie dabei gezeigt werden, wie sie sich in die wilde Menschentanzmassen vor argentinischen Bühnen stürzen.

Auf Platte bricht sich diese Hundertprozentigkeit Bahn in Songs wie „Opel Gang“, „Pushed Again“, „Wie viele Jahre“ oder „Bonnie & Clyde“, die zwar sattsam bekannt sind. Die aber plötzlich noch mit ein paar km/h mehr als früher um die Ecke kommen. Das ist Punk. Die Toten Hosen mögen als Band den Tod im Namen tragen. Aber sie haben ihn noch lange nicht hinter sich stehen.

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