"Es musste eine Erlösung her": 72-Jähriger soll Ehefrau umgebracht haben

Über 40 Jahre lang standen sie sich treu zur Seite - doch dann soll ein Düsseldorfer Rentner seine schwer kranke Frau erwürgt haben. Er habe keinen anderen Ausweg gesehen, sagt er vor Gericht.

Düsseldorf (dpa) - Ein Düsseldorfer Rentner hat gestanden, seine schwer kranke Ehefrau mit einem Griff getötet zu haben, den er als DDR-Grenzsoldat gelernt hatte. Die immer aufwendigere Pflege seiner Frau und ihr schrecklicher Zustand habe die Situation für ihn ausweglos scheinen lassen. Sie sei inkontinent gewesen, er habe sie rund um die Uhr im Auge behalten und jede Nacht mehrfach zur Toilette bringen müssen.

„Es musste eine Erlösung her - für sie und auch für mich“, sagte der 72-Jährige am Dienstag beim Prozessauftakt vor dem Düsseldorfer Landgericht zu der Tat vor einem Jahr. Er habe es nicht übers Herz gebracht, seine Frau, die seine große Liebe gewesen sei, gegen ihren ausdrücklichen Willen in ein Pflegeheim abzuschieben. Schon zehn Tage früher habe er einen Abschiedsbrief geschrieben („Wir wollen nicht mehr.“).

Eines Abends sei er soweit gewesen. Seine Frau sei wie geplant nach wenigen Sekunden in seinem tödlichen Griff bewusstlos gewesen. Er habe weitere fünf Minuten abgewartet: „Dann wusste ich: Sie ist nicht mehr.“ Er habe sie gestreichelt und ihr gesagt: „Ich komme gleich nach.“

Doch seine Selbsttötung mit einem Kabelbinder sei gescheitert: „Ich habe ganz fest zugezogen, aber es passierte nichts.“ Auch die Öffnung der Pulsadern habe stundenlang keine Wirkung gezeigt: „Dann habe ich schließlich die Polizei angerufen.“

Den Griff habe er bei der DDR-Volksarmee gelernt. Als die Stasi ihn anwerben wollte, sei er 1963 während des Dienstes an der deutsch-deutschen Grenze über den Todesstreifen in den Westen geflüchtet, dann eineinhalb Jahre zur See gefahren. Schließlich habe er seine Frau kennengelernt, zwei Kinder mit ihr bekommen.

Nun steht er wegen Totschlags vor Gericht. Nach vier Wochen Untersuchungshaft war er auf freien Fuß gekommen. Das Gericht hat für den Fall vier Verhandlungstage eingeplant.

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