Erstes Jugendzentrum für Lesben und Schwule

Jugend: Mit dem „Puls“ bekommen homosexuelle Jungen und Mädchen einen eigenen Club.

Düsseldorf. Guido Westerwelle, Dirk Bach, Hella von Sinnen, Hape Kerkeling, Klaus Wowereit, Anne Will - immer mehr Promis bekennen sich zu ihrer Homosexualität. Doch was bei den Größen aus Politik und Fernsehen so einfach ausschaut, kann Jungendlichen richtige Bauchschmerzen bereiten. Gespräche unter Gleichgesinnten, ein Rückzugsort, in dem sie auf jeden Fall akzeptiert werden, wünschen sich die Jungen und Mädchen vor, aber auch nach ihrem Outing. Einen solchen Ort bekommen sie jetzt. Im November öffnet das erste schwul-lesbische Jugendzentrum "Puls" an der Corneliusstraße 28.

Gruppen für homosexuelle Jugendliche gibt es schon, aber nicht unter einem Dach. Dabei sei gerade das wichtig für die schwul-lesbische Gemeinde, sagt die 18-jährige Kim: "Wir wollen uns gemeinsam präsentieren und Anlaufstelle sein." Willkommen sind im Puls homo-, bi- und transsexuelle Jugendliche zwischen 14 und 27 Jahren sowie deren Freunde.

Zentrumsleiterin Jana Hansjürgen und Kollege Carsten Schultze (beide Sozialpädagogen) renovieren mit den Jugendlichen zurzeit die Räume. 150 000 Euro hat es dafür von der Stadt gegeben. Hansjürgen: "Die Zusammenarbeit mit Politik und Stadt funktioniert super. Wir wurden von Anfang an toll unterstützt." Der Trägerverein des Puls wurde 2009 gegründet, doch erst jetzt haben die Sozialpädagogen geeignete Räume gefunden, die sogar barrierefrei sind.

Bewaffnet mit Pinsel und Farbe rücken die Jungen und Mädchen täglich an, denn bei der Gestaltung der Räume wollen sie nichts dem Zufall überlassen. Und so soll es auch sein: "Wir haben die Jugendlichen in den Entstehungsprozess miteinbezogen. Vom Logo über die Farbgestaltung bis zur Einrichtung. Schließlich wird es mal ihr Zentrum", sagt die 29-jährige Hansjürgen.

Besonders wichtig war den Jugendlichen der Name. Puls - ein starkes Wort, keine Abkürzung, kein Schnickschnack. Ein Name, der Programm ist: Pulsierend, lebendig und Impulsgeber für die Jugendlichen soll das Zentrum sein. Denn manchmal bräuchten sie einfach jemanden, der Mut macht, weiß Kim: "Ich wusste immer, dass ich lesbisch bin, habe mich aber nie getraut, es meinen Eltern zu sagen." Erst nachdem sie sich mit anderen Mädchen und Jana Hansjürgen ausgetauscht hat, habe sie sich getraut. "Ich wusste, dass die Gruppe hinter mir steht."

Letztlich reagieren die Eltern oft ganz anders als erwartet, sagt Jan (21): "Ich habe mir vorher Sorgen gemacht. Dann meinte meine Mutter nur ’Junge, das weiß ich schon, seit du vier bist’." Weniger sauer, sondern mehr besorgt seien die Eltern, weiß Jana Hansjürgen aus Erfahrung. Sie hat bereits ein schwul-lesbisches Jugendzentrum in Gelsenkirchen aufgebaut. "Sie haben Angst, ihr Kind könnte benachteiligt oder gemobbt werden."

Die Sozialpädagogin betont aber, dass die Jugendlichen auch nach ihrem Outing einen geschützen Ort brauchen, an dem sie auf Toleranz, Verständnis und offene Ohren stoßen. Ganz so weit ist es mit der Akzeptanz in der Gesellschaft nicht überall her. "Fast alle wurden gemobbt und beschimpft", sagt Jan. Bei den Mädchen käme der Stereotyp einer Lesbe hinzu, den die Leute im Kopf hätten. "Die meinen, Lesben seien immer burschikos mit kurzen Haaren und Männerklamotten." In den Diskos würde es heißen: "Du bist lesbisch? Dann hast du noch nicht den Richtigen gehabt", berichtet Charleen (17).

Kinoabende, Kickerturniere, Tanz- und Kochkurse sollen im Puls stattfinden, das Programm entwickeln die Jugendlichen selber. Eins wird auf keinen Fall zu kurz kommen: Sich einfach mal auf die Sitzsäcke schmeißen und quatschen.

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