Elf Kinder aus Tschernobyl erholen sich am Rhein

Seit 20 Jahren organisiert die Tschernobyl-Kinderhilfe Erholungsurlaub in Gastfamilien.

Düsseldorf. Juliane steht am Rheinufer und lächelt: „Ich genieße die Ausflüge, die wir gemeinsam unternehmen. Auch hier am Rhein bei der DLRG ist es wunderschön.“

Die Zehnjährige ist in der weißrussischen Stadt Kalinkowitschi zu Hause, nur 90 Kilometer vom ukrainischen Tschernobyl entfernt, das durch eine verheerende Reaktorkatastrophe am 26. April 1986 traurige Berühmtheit erlangte.

Jetzt macht Juliane Ferien im rheinischen Willich, ebenso wie elf weitere Kinder im Alter von acht bis 16 Jahren aus ihrer Heimatstadt, die in Gastfamilien untergebracht sind. Auch zwei weißrussische Studenten sind dabei.

Seit 20 Jahren besteht der Verein Tschernobyl-Kinderhilfe in Willich, der seither rund 500 Kindern aus den verstrahlten Gebieten rund um die Kreisstadt Gomel nach Deutschland eingeladen und bei Gasteltern untergebracht hat. Die Reisen per Bus werden ebenso durch Spenden finanziert wie die Unternehmungen und Versicherungen für die jungen Gäste.

Juliane war schon im vorigen Jahr dabei und ist für ihre Gasteltern Kerstin (49) und Dieter Heisters (56) aus Willich-Anrath schon fast wie ihr eigenes Kind. „Wir sind durch einen Zeitungsbericht auf die Aktion aufmerksam geworden und haben uns gemeldet“, berichtet Dieter Heisters, der Finanzbeamter ist.

„Wir haben es nicht bereut“, ergänzt seine Frau. Mit Juliane können sie sich sogar auf Deutsch unterhalten. Das Mädchen ist eine der Klassenbesten im Deutschunterricht. Kerstin Heisters: „Wir grillen gemeinsam im Garten, waren mit Juliane unter anderem auf der Kirmes in Düsseldorf und im Gelsenkirchener Zoo.“

An diesem Tag geht es zur Rettungs- und Schulungsstation des DLRG-Bezirks Düsseldorf am Rhein in Lörick. Die Gäste erfahren vom Bezirksgeschäftsführer Tim Spielmann und dem stellvertretenden Bezirksleiter Hartmut Grohnert, wie von dort aus der Rettungs- und Wachdienst auf dem Rhein gesteuert wird und Mitglieder ausgebildet werden. Zuvor hatte die Gruppe die Salzgrotte am Wasserturm in Tönisvorst besucht und eine Radtour unternommen.

Peter Küppers, Vorsitzender des Vereins Tschernobyl-Kinderhilfe schildert den Zustand in der Heimat der Kinder: „Die Gegend um Tschernobyl ist noch immer kontaminiert, auch die Böden. Die Kinder essen das Gemüse, das dort wächst. Die Menschen in Weißrussland verdienen nicht viel Geld — ein Arzt hat 200 Euro im Monat.“

Veronika Soldatenko begleitet die Gäste. Sie ist eine ehemalige Lehrerin und fungiert als Dolmetscherin. „Viele der Kinder haben Immunprobleme, stecken sich schnell mit Krankheiten an“, erklärt sie. „Wenn sie nach den Ferien in Deutschland wieder nach Hause kommen, sind sie so gut erholt, dass sie sich ein ganzes Jahr lang nicht mehr erkälten.“

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