Düsseldorf Ela und die Folgen: Wie die „Sturmbrettchen“ Herzen eroberten

Ungewöhnliche Zeiten bringen ungewöhnliche Ideen hervor. Nachdem Orkanböen Düsseldorf vor einem Jahr verwüstet hatten, ließen vier Kreative aus den herumliegenden Bäumen „Sturmbrettchen“ fertigen. Der Erfolg war überwältigend.

 Philipp Bilke, Tobias Jochinke, Daniel Goll und Philip Behrend (v. l.) posieren mit sogenannten "Sturmbrettchen".

Philipp Bilke, Tobias Jochinke, Daniel Goll und Philip Behrend (v. l.) posieren mit sogenannten "Sturmbrettchen".

Foto: Maja Hitij

Düsseldorf (dpa). „Achtung Sturmschäden! Zutritt verboten. Lebensgefahr.“ Sturm Ela hatte vor einem Jahr in Düsseldorf ein gefährliches Chaos hinterlassen. Im Düsseldorfer Hofgarten, dem zentralen Park aus dem Jahre 1769, nahmen es ein paar junge Düsseldorfer nicht so genau mit dem Verbot. So sahen sie, „wie Jahrhunderte alte Bäume zu Hackschnitzeln geschreddert wurden“, berichtet Daniel Goll (33).

Die enormen Schäden des Sturms, die Hilfsbereitschaft der Menschen, das schöne uralte Holz - da müsste doch mehr drin sein als Hackschnitzel, dachten sie und begannen zu diskutieren. So entstand die Idee der „Sturmbrettchen“. Die Kommunikationsdesigner und angehenden Architekten konnten das städtische Gartenamt für ihre Idee begeistern und sich in den Parks 36 entwurzelte Bäume sichern.

Düsseldorf: Das sind die Sturmschäden von oben
37 Bilder

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Mit seinen Mitstreitern Tobias Jochinke, Philip Behrend und Philipp Bilke gründete Goll rasch ein Unternehmen: „Das gute Ding“. Aus den Baumstämmen wurden schließlich Frühstücksbrettchen der besonderen Art: Versehen mit den genauen GPS-Geo-Koordinaten des Baum-Standortes, außerdem mit dem Alter des Baumes, per Laser in das Holz graviert: „Eiche 179 Jahre, Spee'scher Graben“.

Doch davor standen überraschende Probleme: „Wir haben zuerst niemanden gefunden, der die Stämme zersägen wollte - wegen der Granat- und Bombensplitter aus den Weltkriegen.“ Dann kam ihnen die Idee, die Stämme vorher mit einem Metalldetektor abzusuchen. „So ging es, aber wir haben dennoch etliche Sägeblätter verschlissen.“

Einigen „Sturmbrettchen“ sieht man die Kriegszeiten ebenfalls an: Die Granat- und Bombensplitter haben das Holz dunkel gefärbt. Als das Holz endlich ausreichend getrocknet und die Brettchen fertig waren, wurden sie edel verpackt mit der Entstehungsgeschichte als Beipackzettel samt Pflegetipps zum stolzen Preis von 30 Euro pro Brettchen angeboten. Das ganze Projekt wurde auf einer eigenen Webseite vorgestellt.

„Wir wollten eigentlich 200 Brettchen machen. Aber am zweiten Tag hatten wir schon 2500 Bestellungen.“ Kaufwillige meldeten sich aus ganz Deutschland, eine Anfrage kam sogar von einem ausgewanderten Düsseldorfer aus Australien. „Am Ende waren es 17 000 Bestellungen für 10 000 Brettchen.“ Als die Brettchen schließlich in einem Design-Kaufhaus an die Käufer verteilt wurden, kam es zu einem Volksauflauf: „Die standen bis zu drei Stunden Schlange.“

Ein Teil der Erlöse kommt neuen Bäumen in den Parks zugute, dafür steht inzwischen eine fünfstellige Summe bereit, bestätigt ein Sprecher der Stadt Düsseldorf. In den Parks kostet ein neu zu pflanzender Baum zwischen 600 und 2000 Euro. „Es kann aber noch bis 2017 dauern, bis die Bäume endlich gepflanzt werden, weil für die Parks erst einmal neue Pläne entwickelt werden“, sagt Goll. Von weiteren Bestellungen bitten die Sturmbrettchen-Macher dringend abzusehen: „Es sind wirklich alle vergriffen.“

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