Düsseldorf Ein Mädchenhaus für Düsseldorf

Bedrohte junge Frauen sollen in eigener Einrichtung Zuflucht finden. Es wäre landesweit erst die zweite.

Düsseldorf: Ein Mädchenhaus für Düsseldorf
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Düsseldorf. Die Stadt bemüht sich um ein Mädchenhaus. Mädchen und junge Frauen, die vor Zwangsehe, Entführung und Gewalt in der Familie fliehen, sollen hier eine Zuflucht finden. Wenn sie minderjährig sind, sind sie für eine Unterkunft im Frauenhaus noch zu jung. „Bislang gibt es in Nordrhein-Westfalen nur eine solche Einrichtung — in Bielefeld“, sagt Angela Hebeler von den Grünen. „Wir wollen eine weitere in Düsseldorf.“

Das Haus in Bielefeld betreut seit 30 Jahren bedrohte junge Frauen und Mädchen. Das Familienministerium stellt nun Geld für ein zweites Haus zur Verfügung. Die Stadt hat eine Interessensbekundung beim Familienministerium eingereicht — das sei bislang die einzige, heißt es dort.

Als Träger hat die Stadt den Verein Pro Mädchen — Mädchenhaus Düsseldorf vorgesehen. Dieser betreibt einen Mädchentreff und eine Beratungsstelle an der Corneliusstraße. „Es gibt eine Versorgungslücke für Jugendliche und junge Erwachsene“, sagt Sprecherin Patricia Baum.

Ein Frauenhaus sei für sie nicht ausgerichtet, denn Minderjährige benötigen eine intensive Betreuung. „Es geht um junge Menschen, die vor jeglicher Form von Gewalt und Bedrohung in ihrer Familie flüchten und sofort Hilfe benötigen.“

Mit der derzeitigen Flüchtlingssituation habe das Mädchenhaus daher nichts zu tun. „Einen Bedarf an Notfallplätzen gibt es schon seit vielen Jahren“, bestätigt auch Hebeler. Hebeler rechnet sich gute Chancen aus.

Was zählt, sei zum Beispiel eine gute Erreichbarkeit, denn das Haus soll sich an junge Menschen aus ganz NRW richten. Wie wichtig ein überregionales Angebot sei, das bestätigt auch das Jugendamt: „Wenn die Mädchen so sehr bedroht werden, dass sie einen anonymen Zufluchtsort brauchen, sollte dieser möglichst in einer anderen Stadt liegen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass sie nicht gefunden werden“, sagt Stephan Siebenkotten-Dalhoff, Abteilungsleiter Soziale Dienste in Düsseldorf.

Eine Versorgungslücke kann er in der Stadt selbst derzeit nicht erkennen. „Extreme Fälle, bei denen eine unmittelbare anonyme Unterbringung nötig ist, sind bei uns selten — zirka ein bis zwei im Jahr.“ Für diese Mädchen und Frauen gebe es eine eigene Einrichtung mit sechs Plätzen, zudem arbeite das Jugendamt mit Häusern in anderen Städten zusammen. Wie der landesweite Bedarf nach mehr Plätzen aussieht, dazu könne er nichts sagen.

„Ich kann mir aber vorstellen, Jugendliche künftig auch in ein Mädchenhaus von Pro Mädchen zu vermitteln“, sagt er. Mit der Einrichtung kooperiere das Jugendamt schon seit langem — mit guter Erfahrung. Wichtig sei vor allem die Qualität der Arbeit.

„Pro Mädchen ist professionell aufgestellt, kennt sich mit verschiedenen Kulturkreisen aus und weiß mit hochsensiblen Fällen umzugehen“, sagt Siebenkotten-Dalhoff. Auch die Stadt setzt daher auf den Verein.

Viel Erfahrung in der Arbeit mit jungen Frauen und eine gute Vernetzung ist für das Ministerium eine Voraussetzung bei der Auswahl eines Trägers — und eines Standorts. In diesen Tagen wollen sich Vertreter mit dem Verein zusammensetzen. Die Stadt hofft auf schnelle Ergebnisse, denn erst dann geht es weiter mit der Suche einer Immobilie.

Diese wird von der Stadt bezahlt, das Ministerium übernimmt für drei Jahre die Personalkosten, sagt Hebeler. „Wir wollen das Haus am liebsten noch dieses Jahr eröffnen.“

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