Ein Leben für die kranke Schwester

Seit zehn Jahren pflegt Anneliese Velleuer ihre Schwester aufopferungsvoll.

<strong>Düsseldorf. Hobbys hat Anneliese Velleuer keine. Seit ihre Schwester vor 40 Jahren an Multipler Sklerose erkrankt ist, kümmert sie sich. Morgens und abends hilft der Pflegedienst der Diakonie, tagsüber sorgt sie alleine für Schwester Brigitte Miosga (64), füttert sie, wechselt manchmal Infusionen oder lehrt den Blasenschlauch. Bei gutem Wetter drehen die beiden eine Runde um den Block, Schaufenster gucken. Zweimal im Jahr geht’s zum Frisör, zum Locken legen. Das geht schon seit zehn Jahren so, Velleuer ist 75 Jahre alt und verbringt meist zwölf Stunden am Tag bei ihrer Schwester. Fragt man Velleuer, warum sie das tut, guckt sie nur verwundert, sagt: "Im Heim hätte meine Schwester ja nichts mehr vom Leben." Dort habe das Personal doch nicht einmal die Zeit, die Patienten zu füttern.

Die Termin-Abstimmung kann zur Belastung werden

Beklagen möchte Velleuer sich nicht. Anstrengend sei die Pflege für sie keinesfalls, nicht körperlich. "Nur manchmal, da werden die Füße ein bisschen schwer." Belastend sei allenfalls, die Termine abzustimmen. Wann der Arzt kommt, wann der Pflegedienst, wann die Therapeutin. "Geregelte Aufregung", sagt Velleuer. Nein, sie beklagt sich wirklich nicht. Brigitte Miosga hört ihrer Schwester zu und sieht das, was die Sitzposition zulässt, bewegen kann sie sich nicht. Leicht verkrampft, schmächtig und unbenutzt liegen die Hände in ihrem Schoß. Manchmal versucht sie auf die Fragen ihrer Schwester zu antworten. Ein Ja, ein Nein - mehr lässt die Nervenkrankheit nicht mehr zu. Geld bekommt Anneliese Velleuer fürs Zuhören und ihre Hilfe nicht.

Trotz Bewegungsunfähigkeit nur Pflegestufe Zwei

921 Euro zahlt die Pflegeversicherung der chronisch Kranken monatlich, denn sie braucht nachts keine Betreuung, das reicht nach Ansicht der Gutachter allenfalls für Pflegestufe Zwei. Das Geld verschlingt der Pflegedienst, ist der Monat lang, muss Miosga sogar draufzahlen. Aus dem Bett heben kann die 75-Jährige ihre Schwester nicht alleine. "Wenn ich abends noch einmal Hilfe brauche, kostet das 24 Euro", sagt sie. Einmal im Quartal muss der Hausarzt eine neue Bescheinigung ausstellen. "Ziemlich unsinnig", findet Velleuer. Denn besser gehen wird es ihrer Schwester nicht mehr. Auch eine Fahrt zum Krankenhaus kann zum Drama werden. Zum Beispiel, wenn der Katheter eine Entzündung ausgelöst hat. Dann würde Miosga mit dem Krankenwagen am liebsten ins Marienhospital fahren. "Die haben eine eigene urologische Abteilung", sagt die Schwester. Doch das Marienhospital ist für die beiden nicht zuständig. Miosga muss sich ins Vinzenz-Krankenhaus einliefern lassen - oder draufzahlen. Wie viel zahlt die Pflegekasse?

Pflegestufe Bei Vorliegen einer Pflegestufe kann finanzielle Unterstützung bei der Pflegekasse beantragt werden.

Stufe 1 Erheblich pflegebedürftig ist, wer täglich 90 Minuten Hilfe benötigt, auf die Verrichtung der Grundpflege müssen mindestens 46 Minuten am Tag entfallen. Unterstützung: 205 Euro Pflegegeld bzw. 384 Euro als Sachleistungen.

Stufe 2 Der Zeitaufwand des notwendigen Hilfebedarfs muss mindestens drei Stunden täglich betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen. Unterstützung: 921 Euro als Sachleistung.

Stufe 3 Unter Pflegestufe 3 fallen Kranke, die mindestens fünf Stunden am Tag versorgt werden müssen. Unterstützung in Härtefällen: 1918 Euro.

Infos Fragen? Das Pflegebüro der Stadt hilft weiter: 89 98998.

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