Wirtschaftliche Folgen des Virus Düsseldorfer Gastronomen gegen Corona-Krise: „To Go“ jetzt auch im Edel-Lokal

Restaurants müssen jetzt geschlossen bleiben. Wirte reagieren: Essen kann jetzt fast überall abgeholt oder geliefert werden. Eine App und eine Internetseite gibt es schon dafür.

 Murat Avcioglu hat sein neues Angebot in “Noa Foodbar“ auf die Scheibe geschrieben.

Murat Avcioglu hat sein neues Angebot in “Noa Foodbar“ auf die Scheibe geschrieben.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Essen „to go“ und Lieferdienst – was nach Imbiss müffelt, erobert in Zeiten der Corona-Krise und zwangsgeschlossenen Restaurants auch die gehobene Gastronomie „Das ist eine Umstellung – auf jeden Fall“, sagt Michael Reinhardt vom „Reinhardt’s“ auf Gut Moschenhof. Stundenweise dürfen die Gäste dort nach Vorbestellung nun vorfahren – ab dieser Woche sogar mit exklusivem Zeitfenster zwecks völliger Isolation – und bekommen ihre Essensbox wahlweise sogar in den Kofferraum gestellt. „Es ist wie ein Drive-in. Das wird sehr gut angenommen“, so Reinhardt.

Am Samstag habe es zwischen 17 und 20 Uhr rund 25 Bestellungen gegeben. „Da mussten wir uns ganz schön strecken.“ Immerhin sind alle Festangestellten des Betriebs aktuell in Kurzarbeit. Denn auch das To-Go-Geschäft sei höchstens ein „kalter Tropfen auf den heißen Stein“, höchstens zehn Prozent des üblichen Umsatzes mit Messegästen und Hochzeiten hole er so rein, sagt der Chef.

Die gebeutelten Gastronomen erhalten jetzt digitale Unterstützung für ihr Krisenprogramm. Das Amt für Soziales hat in der App „Gut versorgt in ... Düsseldorf“ eine neue Rubrik eingerichtet, in der sich Gastronomen mit Liefer- oder Abholservice registrieren lassen können (Kontakt unter [email protected] oder Telefon 05221/99 44 50). Zudem haben Betroffene selbst das Internetportal „www.localgastro.de“ geschaffen, auf dem für Düsseldorf bereits zwölf Lokale vertreten sind, die virusbedingte Abhol- und Lieferdienste bieten.

Unter ihnen ist der Edel-Italiener „Confetti’s“ am Kaiser-Friedrich-Ring. Ab Dienstag kocht der Küchenchef dort von 18 bis 21 Uhr im Akkord, der Geschäftsführer persönlich fährt das Carpaccio und Co. aus. Auch hier sind die Festangestellten in Kurzarbeit, die Aushilfen bereits entlassen. „Wie lange wir das aushalten, entscheidet die Politik“, sagt Mit-Geschäftsführer Carlo Benini.

Auch das Restaurant „Stappen“ in Oberkassel wirbt im Netz für den neuen Lieferdienst zwischen 12 und 20 Uhr. Eines der ersten Lokale in der Stadt, das auf Außer-Haus-Verpflegung umstellte, war das „Hitchcoq“ an der Nordstraße, wo kurzerhand das Auto mit Malerkrepp beklebt und beschriftet, Mitinhaber Ben Schmidt-Pereira zum Fahrer wurde. „Es läuft ganz gut“, sagt er. „Es geht darum, unsere Fixkosten decken zu können.“ Die Brüder konnten bislang sogar ihre Aushilfen halten – statt Service machen die jetzt eben Telefondienst an der Bestell-Hotline.

 Die Brauerei Schumacher bietet Bier und Speisen nur zum Mitnehmen an. Köbes Shaban Aliti hilft Gast Günther Klas beim Beladen des Wagens.

Die Brauerei Schumacher bietet Bier und Speisen nur zum Mitnehmen an. Köbes Shaban Aliti hilft Gast Günther Klas beim Beladen des Wagens.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Selbst Köbesse müssen jetzt flexibel sein: Die Hausbrauerei Schumacher bietet lässt ihre Service-Kräfte Altbier und Schweinshaxe bis vor die Tür der Kunden kutschieren – sogar mal in Hilden. In der vergangenen Woche gab es im Stammhaus an der Oststraße dazu einen Drive-in-Schalter. „Das war wegen des Latzenbieres, nachdem die große Party ja ausfallen musste“, sagt Juniorchefin Nina Thea Ungermann. Eine neue Auflage in dieser Woche wird erwägt.

Auf reine Abholung setzt Murat Avcioglu in der „Noa Foodbar“ an der Martinstraße. Mit einer Zeichnung aus eigener Feder im Schaufenster weist er die To-Go-Gäste auf die Virus-Etikette hin, das Essen bringt er ihnen vor die Tür. Von 12 bis 19 Uhr öffnet Avcioglu, dennoch kommt er nicht annähernd an den normalen Umsatz heran. Für einen noch jungen Betrieb bitter: „Laut meiner Rechnung würde ich es anderthalb Monate durchhalten. Dann wäre ich wirklich bei null“, sagt er. Das Gefühl sei „ganz beschissen“, aber er wolle seinen Laden unbedingt halten. Auch in der Weinbar „Rocaille“ setzt Michael Spreckelmeyer auf Vorbestellung und Mitnahme der Speisen „ohne kritischen Kontakt“. Das laufe gut an, aber auch er sagt: Ein Ersatz ist das nicht.

Damit die Kunden sicher zu Hause bleiben können, liefern längst nicht nur Gastronomen ihre Waren aus. 25 Stände vom Carlsplatz haben sich zu einem Lieferservice zusammengeschlossen, sagt Geschäftsführer Heiner Röckrath. Geliefert werde in einem Umkreis von 20 Kilometern: „Wer bis 13 Uhr bestellt, bekommt die Sachen noch am selben Tag.“ Den Service gibt es unter [email protected]. Auch Gonzo Golzarandi von der „Weinforce“ an der Elisabethstraße bringt seine Tropfen jetzt frei Haus – selbst oder per UPS. Auf Instagram will er jeden Tag den Wein des Tages anbieten – etwa „für Hamsterkäufer den perfekten Wein zu Nudeln mit Nudeln“ kündigt der Fachhändler an. Der Umsatz mit Caterern sei seit Februar „gleich null“. „Wir sind ein Start-up. Also versuchen wir, neue Wege zu gehen“, sagt Golzarandi. „Und was sollen unsere Kunden denn jetzt zu Hause machen, außer Wein zu trinken? Richtig: nix!“

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