Politik FDP-Chefin schlägt vor, Gewerbesteuer zu senken

Düsseldorf · „Un-Parteiisch“: Welches Konzept hilft, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu bekämpfen?

 Marie-Agnes Strack-Zimmermann will eine Absenkung des Gewerbesteuer-Hebesatzes für ein Jahr.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann will eine Absenkung des Gewerbesteuer-Hebesatzes für ein Jahr.

Foto: dpa/Britta Pedersen

Unter dem Titel „Un-Parteiisch“ erörtern wir Vorschläge, die Parteien oder Fraktionen in Anfragen, Anträgen oder Pressemitteilungen in die Diskussion einbringen. Wir stellen die Idee vor, erläutern, in welchem Zusammenhang sie stehen und bewerten, welche Chancen sie im politischen Wettbewerb haben.

Die Idee Die Düsseldorfer Liberalen verschicken gerade ihr Wahlprogramm an die Mitglieder. Dieses enthält ein „Corona-Kapitel“, das in den vergangenen Wochen entstanden ist und in dem es darum geht, wie Düsseldorf die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie bekämpfen kann. Die Oberbürgermeister-Kandidatin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, schlägt in diesem Zusammenhang vor, den Gewerbesteuer-Hebesatz für das Jahr 2021 (und nur für das Jahr 2021) von 440 auf 400 Prozentpunkte zu senken. Sie möchte in der ersten oder zweiten Sitzung des neuen Stadtrates, also nach der Kommunalwahl im September, einen Prüfauftrag an die Kämmerin beschließen. Damit soll ermittelt werden, welche Dimension und welche Folgen die Senkung hätte. Auf der Grundlage dessen könnte der Rat sie dann in der „Haushaltssitzung“ im Dezember verabschieden.

Strack-Zimmermann nimmt als Bezug das sehr gute Haushaltsjahr 2019. Da stand jeder Prozentpunkt des Gewerbesteuer-Hebesatzes umgerechnet für etwa 2,25 Millionen Euro. 40 Prozentpunkte wären danach knapp 100 Millionen Euro wert. Da davon auszugehen ist, dass die Düsseldorfer Wirtschaft im nächsten Jahr nicht in einem ähnlichen Umfang Erträge haben wird wie 2019, wird der Verlust für die städtische Kasse sich voraussichtlich zwischen 60 und 80 Millionen Euro bewegen.

Die FDP-Chefin betont bei ihrem Vorschlag, dass die politischen Beschlüsse einvernehmlich gefasst werden sollen. Eine solch gravierende Entscheidung könne nicht mit einer knappen Mehrheit im Stadtrat getroffen werden.

Der Zusammenhang Stadtkämmerin Dorothée Schneider hatte in der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses dargestellt, mit welchen wirtschaftlichen Folgen der Pandemie Düsseldorf rechnen muss. Der Betrag wird im dreistelligen Millionenbereich liegen. Die Stadt hat in den vergangenen Jahren Rücklagen gebildet, die einen Teil der Lücke schließen. Darüber hinaus wird sie Kredite aufnehmen müssen – ein Umstand, den auch die FDP akzeptiert, wenn dies einmalig erfolgt und es einen klaren „Tilgungspfad“ gibt, so dass die Kredite in maximal zehn Jahren zurückgezahlt sind.

Bisher hatten die Liberalen stets die Schuldenfreiheit als höchstes Gut verteidigt. Als Düsseldorf vor drei Jahren Etat-Probleme hatte, wehrte die FDP innerhalb der Ampel-Kooperation alle Versuche ab, neue Schulden zu machen. Deshalb wurden Ideen entwickelt, um neue Einnahmen zu haben, etwa der Verkauf des Kanalnetzes an den Städtentwässerungsbetrieb.

Der Vorschlag, den Gewerbesteuer-Hebesatz zu senken, kämen auf die genannten Summen noch oben drauf.

Die Bewertung Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle für Kommunen. Für das laufende Jahr ging die Stadt davon aus, dass sie 997,8 Millionen Euro auf diesem Weg erhält. Der Gewerbesteuer-Hebesatz ist zugleich ein gutes Steuerinstrument, um Unternehmen davon zu überzeugen, sich auf dem Stadtgebiet anzusiedeln. Um diesen Wettbewerb vernünftig zu begrenzen, müssen Kommunen mindestens einen Hebesatz von 200 Prozent haben. Diejenigen, die besonders attraktiv sein wollen und sich das leisten können, bleiben knapp über den 200 Prozent, zum Beispiel die Nachbarkommune Monheim mit 250 Prozent.

Beide Aspekte sind wichtig, um den Vorschlag der FDP zu beurteilen. Zunächst bedeutet die Senkung, dass sich die Stadt ein Stück von dem nimmt, was in den vergangenen Jahren wesentlich für die Schuldenfreiheit und die finanziellen Spielräume war. Nur, um eben diese (Luxus-)Frage geht es in Corona-Zeiten eben nicht mehr. Es geht nun ausschließlich darum, welchen Weg man beschreitet, um Unternehmens-Pleiten und Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder zumindest zu verringern.

In dieser Hinsicht erscheint der Vorschlag der FDP als ein guter: Die Gewerbesteuer setzt bei den Erträgen der Unternehmen an, das heißt, die Senkung würde diejenigen belohnen, die nächstes Jahr gut wirtschaften. Der psychologische Effekt des Vorschlags ist nicht zu vernachlässigen. Das unterscheidet die Idee positiv von Hilfen oder Subventionen für die Unternehmen. Darüber hinaus wirken die 400 Prozent in zweierlei Hinsicht attraktiv für den Standort: für Unternehmen, die hier sind und dann auch bleiben, und auch für Unternehmen, die sich 2021 gründen oder hier ansiedeln.

Bleibt die Frage, wie es der Idee politisch ergeht. In den kommenden Tagen werden voraussichtlich nun verschiedene Zahlen zwischen 400 und 500 Prozentpunkten zu hören sein, Zustimmung ebenso wie Ablehnung. Die Abstimmung aber steht erst an, wenn der Wahlkampf vorüber ist. Dann ist Einvernehmen über diese Idee oder einen Kompromiss gut vorstellbar, zumindest mit Blick auf die vier Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und eben der FDP.

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