„Düsseldorfer Erinnerungsorte“: Düsseldorfs DNA auf 408 Buchseiten

Von Heine bis Kraftwerk, von Zero bis Senf, vom Hoppeditz bis Fortuna: Das neue Buch „Düsseldorfer Erinnerungsorte“ legt dar, was die Stadt ausmacht.

„Düsseldorfer Erinnerungsorte“: Düsseldorfs DNA auf 408 Buchseiten
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Missverständlich ist höchstens der Titel: Denn das neue Buch „Düsseldorfer Erinnerungsorte“ befasst sich nicht so sehr mit Gedenkstätten und ähnlichem. Sondern: Die beiden Herausgeber Benedikt Mauer und Enno Stahl und ihre 41 Autoren beleuchten Geschichte und Kultur, Struktur und Lebensgefühl (neudeutsch würde man sagen: die DNA) von Düsseldorf. Ein Sammelband, kein Lexikon, das ohne Anspruch auf Vollständigkeit doch enorm viel von dem darlegt, was diese Stadt im Innersten ausmacht.

„Düsseldorfer Erinnerungsorte“: Düsseldorfs DNA auf 408 Buchseiten
Foto: dpa

Das tun sie in wissenschaftlich fundierten, aber flott geschriebenen und recht kurzen Texten. Beckmesser müssen schon sehr pingelig sein, wenn sie Fehlendes bekritteln möchten. Gravierendes fehlt selbst bei bösestem Willen nicht, nicht einmal das Sach- und Namensregister: Es soll schließlich ein Lese-, kein Nachschlagbuch sein.

Eher wurde zu viel aufgenommen, die neue, angebliche „Unternehmerstadt“ in Derendorf etwa wäre entbehrlich gewesen (nicht die Geschichte von Rheinmetall auf diesem Areal) . Das Buch hat 15 Kapitel, nicht immer leuchten alle Unterpunkte an dieser Stelle ein, das schadet aber nicht. So geht es zum Auftakt („Die Stadt Düsseldorf“) um die Schlacht von Worringen 1288, aber genauso und das Wappen, Köbes, Altbier oder Mostert.

Dann nimmt sich Mauer die Topographie mit den Hits Kö und Altstadt vor, sein Vorgänger Clemens von Looz-Corswarem durchmisst die Stadt am Wasser, Stefan Schweizer Wald, Parks und Gärten. Besonders gelungen ist der Kulturteil, in dem die Autoren (häufig Enno Stahl) Klasse und Vielfalt Düsseldorfs aufzeigen. Kunst und Musik schlagen am Ende Literatur und Theater, trotz Heine, Gründgens und „Kom(m)ödchen“.

Stahl verweist da unter anderem auf die Weltbedeutung der Kunstbewegung „Zero“, musikalisch lässt — natürlich neben den „Klassikern“ Schumann und Mendelssohn — vor allem das „Mekka der elektronischen Musik“ mit Kraftwerk und „Neu!“, aber auch die Neue Deutsche Welle mit Fehlfarben, DAF und der Punk (die frühen Toten Hosen) Düsseldorf herausragen. Das wird dann auch mal in echten Erinnerungsorten wie dem Ratinger Hof oder Creamcheese in der Altstadt fest gemacht.

Und sonst? Geht es um Glaube und Religion — von St. Lambertus bis zur alten Synagoge und dem Eko-Tempel. Um Traditionspennen wie das Görres-Gymnasium, gegründet 1545 (!), das 1906 an die Kö zog. Wird erzählt, wie sehr die Diakonissen Kaiserswerth geprägt haben. Oder wie „Grafenberg“ zum Synonym für Irrenanstalt wurde. Natürlich fehlen Fortuna und DEG nicht. Ebensowenig wie die „schöne Leich’“ Schneider Wibbel, der Radschläger, Hoppeditz, Karneval und Kirmes.

Im Kapitel Wirtschaft und Infrastruktur sitzt man am „Schreibtisch des Ruhrgebietes“, blickt auf Glashütte oder Mannesmann. Apropos: Jürgen Wiener erklärt in „Prominenz aus Stein und Bronze“, warum das Mannesmann-Hochhaus von Schneider-Esleben architekturgeschichtlich (noch) bedeutender als das Dreischeibenhaus von Hentrich ist.

Unter den menschlichen „Legenden“ tauchen auf: Jan Wellem, klar, aber auch Serienmörder Peter Kürten oder die „Weiße Frau“ — in doppelter Erscheinung als Jakobe von Baden und Henkel-Werbedame.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort