Kinderbetreuung Der Gerresheimer Wald soll Zuhause für einen Kindergarten werden

Düsseldorf · Gerresheim Die Elterninitative „Üllehütt“ will einen Naturkindergarten ins Leben rufen. Standort und Konzept müssen aber erst noch genehmigt werden.

 Jessica Schliewe (mit Sohn Caius), Katja Weiher und Marie Pflieger wollen mit dem Naturkindergarten Üllehütt im April loslegen. Interessierte Eltern können sich schon melden, die Genehmigung des Jugendamts steht aber noch aus. Die Höhe des Elternbeitrags steht auch noch nicht fest.

Jessica Schliewe (mit Sohn Caius), Katja Weiher und Marie Pflieger wollen mit dem Naturkindergarten Üllehütt im April loslegen. Interessierte Eltern können sich schon melden, die Genehmigung des Jugendamts steht aber noch aus. Die Höhe des Elternbeitrags steht auch noch nicht fest.

Foto: Ines Arnold

Eltern werden es kennen: Nach einigen Regentagen in Folge fällt den Kindern drinnen die Decke auf den Kopf. Sie sind quengelig, wissen nicht wirklich etwas mit sich anzufangen. Was hilft, ist meist das Naheliegendste: Anziehen und raus. Über Pfützen springen und durch den Matsch waten. „Und einfach frische Luft tanken“, sagt Jessica Schliewe und atmet laut aus. Die vierfache Mutter und Hebamme weiß, wovon sie spricht. „Die Natur zu erkunden ist ein Grundbedürfnis der Kinder“, sagt sie. „Der Wald bietet so viele Anreize für Kinder, das kann ein Haus gar nicht schaffen.“

Viel frische Luft und keine Überdosis Spielzeug

Und mit dieser Meinung ist Jessica Schliewe nicht allein. Als Vorsitzende des Vereins „Üllehütt“ hat sie im Oktober 2018 die Idee eines Naturkindergartens ins Rollen gebracht. Inspiriert von Katja Weiher, selbst Erzieherin und Heilpädagogin, die damals mit ihrem Säugling bei Hebamme Jessica Schliewe einen Babykurs besuchte. Die Frauen sprachen darüber, welches Betreuungskonzept sie schätzen und kamen schnell überein: Eines, bei dem die Kinder den ganzen Tag an der frischen Luft verbringen. Bei dem es keine Türen, keine Wände, keinen Lärm oder eine Überdosis Spielzeug gibt. Bei dem es keine vorgegebenen Spielgeräte wie Rutschen oder Klettergerüste gibt, sondern über Baumstämme balanciert wird und Hügel rauf und runter gelaufen werden. Auf Waldwegen gesungen und auf Baumstämmen gegessen wird. „Und dann haben wir es einfach gemacht und einen Verein gegründet“, sagt Jessica Schliewe und lacht.

Auf Facebook teilten die Frauen ihre Idee mit anderen Düsseldorfern. Marie Pflieger war eine der Ersten, die sich daraufhin meldeten. Sie war sofort vom pädagogischen Konzept überzeugt. Und das beinhaltet unter anderem die sogenannte gewaltfreie Kommunikation. „Dabei geht es darum, sich gegenseitig anzuhören und zu verstehen. Die Kinder werden nicht abgespeist mit Sätzen wie: Du kannst das nicht, dafür bist du zu klein. Ihnen wird erklärt, warum der Erwachsene sich sorgt, wenn sie zum Beispiel zu weit auf einen Baum hinaufklettern“, erläutert Schliewe den Ansatz. Auf dieser Grundlage werde viel eher ein Konsens gefunden, mit dem alle leben können. Marie Pflieger bezweifelt, dass ein solcher pädagogischer Eckpfeiler in Kitas mit großen Gruppen und dem aktuellen Personalmangel immer so umsetzbar sei. „Dabei ist Begegnung der Kinder auf Augenhöhe so wichtig“, sagt sie. „Und sie ist vor allem eine Sache der Haltung.“

Der Verein hat schon einen Bauwagen bestellt

Im April soll der Naturkindergarten Üllehütt starten. Ein zehn Meter langer Bauwagen ist bereits bestellt. Er soll am Fuße der Gerresheimer Höhen, unmittelbar am Wald und in Nachbarschaft des Kleingartenvereins „Am Balderberg“ am St.-Hippolyt-Weg stehen. Und damit ist auch das Geheimnis um den Namen des Naturkindergartens gelüftet: „Üllehütt“ ist Düsseldorfer Platt und bedeutet Eulennest. So nannten die Gerresheimer früher die Senke der Gerresheimer Höhe, in der zahlreiche Eulen geschützt nisten konnten. Dort, wo bald der Bauwagen der Elterninitiative stehen soll, der nur an besonders kalten oder nassen Tagen aufgesucht werden soll. Noch ist aber auch der Standort nicht sicher. Katja Weiher: Der Umweltausschuss muss den Standort noch abnicken.“

Auch für den Fall eines Unwetters ist man vorbereitet: „Dann kommen wir im Heinrich-Zschokke-Haus, einem Seniorenheim an der Hagener Straße, unter. Dort können wir einen Saal nutzen“, sagt Weiher. Das Seniorenheim ist 1,7 Kilometer vom Bauwagen entfernt. „Wenn es eine Sturmwarnung gibt, bitten wir die Eltern, die Kinder morgens direkt ins Seniorenheim zu bringen. Im Zweifel könnten wir den Weg aber auch zu Fuß bewältigen.“ Mit den Kindern im Bollerwagen.

In der Betreuungszeit von 8 bis 15 Uhr sind die Kinder in der Regel draußen. Dort wird mittags auch gegessen, das Essen bringen die Kinder im Henkelmann von zu Hause mit. Das Team der Begleiterinnen, so werden die Erzieherinnen im Naturkindergarten genannt, steht bereits fest. Katja Weiher wird die Leitung übernehmen. 20 Plätze sind zu vergeben, darunter auch vier an Kinder unter drei Jahren. Damit wäre Üllehütt der erste Düsseldorfer Naturkindergarten mit kleinen Kindern. „Es gibt einen schallgeschützten Bereich im beheizten Bauwagen, da können die kleinen Kinder schlafen“, erläutert Weiher. Und die Begleiterinnen seien auch im Tragen der Kinder mit Tragetuch geschult. „Geborgenheit zu vermitteln ist uns ganz wichtig“, ergänzt sie.

Doch das Konzept der Elterninitiative samt Gruppenstruktur muss erst noch vom Jugendamt genehmigt werden. Erst nach der Genehmigung kann der Verein Aussagen über die Höhe des Elternbeitrags treffen. „Wie viele Zuschüsse wir über das Kibiz bekommen, hängt auch von den genehmigten Gruppenformen ab. Und erst wenn wir wissen, wie viel Zuschüsse wir bekommen, können wir die Höhe des Elternbeitrags festlegen“, sagt Katja Weiher.

In Zeiten von Fridays For Future sei es aber an der Zeit, der „Entfremdung der Natur entgegenzuwirken“, betont sie. „Wenn Kinder Liebe und Verbundenheit zur Natur spüren, werden sie die Natur auch schützen wollen.“

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