Düsseldorfer bedauern mögliches Aus für Radschlägermarkt

Am Sonntag war Vintage-Trödel am Großmarkt. Das Unikat, auf dem nichts Neues verkauft werden darf, ist bedroht.

Düsseldorfer bedauern mögliches Aus für Radschlägermarkt
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Möbelstücke oder Dekoratives vom Trödelmarkt fürs Zuhause — das kann nicht nur gut aussehen, sondern: Die dort erstandenen Sachen sind häufig Zeugen aus einer anderen Zeit, sie erzählen auch ihre eigene Geschichte — wenn sie denn von einem richtig guten Trödelmarkt kommen. Für viele Düsseldorfer ist der Radschlägermarkt in Derendorf, der zuletzt am Sonntag besucht werden konnte, die Anlaufstelle schlechthin für Vintage-Dekor und Antiquitäten. Doch schon Ende 2018 soll Schluss sein. Damit würde die Stadt ihren ältesten Trödel verlieren.

Bereits seit 1972 wird der Radschlägermarkt veranstaltet, zuvor im alten Hafen und später auf dem Großmarktgelände. Für dieses Gelände gibt es jetzt aber neue Pläne: 2019 soll es umgebaut werden, und dann könne der Trödelmarkt dort nicht mehr stattfinden, hatte Gründezernentin Helga Stulgies erklärt. Der Hauptgrund aber ist, dass die Stadt auch den Großmarkt selbst abgibt, damit entfalle jede Veranlassung, den Trödel als öffentliche Hand weiter zu betreiben. Was macht den Zauber des Radschlägermarktes aus und was bedeutet er den Menschen?

Elisabeth Breuer (67) steht seit 15 Jahren an ihrem Verkaufsstand. Sie erzählt, was sich im Laufe der Zeit hier verändert hat: „Damals war es ein gepflegter Antik- und Sammlermarkt. Doch heutzutage wird um jede Kleinigkeit gefeilscht, egal welchen Wert die Ware hat.“ Auch der Niedergang des Sammelns als Hobby ist laut Breuer spürbar: „Die Hobby-Sammler werden immer weniger und viele Kunden wollen keine fairen Preise zahlen.“

Ein großer Vorteil für die Händler dort ist die Tatsache, dass der Verkauf von Neuwaren auf dem Radschlägermarkt untersagt ist. Damals bekam man hier sogar sehr exklusive Gebrauchtwaren: „Die Händler boten teueren Schmuck und sogar Pelzmäntel zum Verkauf an. Das Angebot an sich war vielfältiger“, erinnert sich Elisabeth Breuer. Die meisten Kunden blieben ihren Lieblingshändlern über Jahre hinweg treu. Die unsichere Zukunft des Radschlägermarktes stimmt sie sehr nachdenklich: „Der Stadt würde eine schöne Tradition verloren gehen.“

Kristine Pollak (55) sitzt unter einem Sonnenschirm und beobachtet die Kunden an ihrem Stand: „Es herrscht hier eine wunderbare Atmosphäre. Hier bekommt man noch die eine oder andere antike Kuriosität. Auf anderen Märkten kriegt man als Händler Antiquitäten kaum verkauft. Aber auf dem Radschlägermarkt warten die Kunden förmlich darauf.“ Zu den Bestsellern von Frau Polka gehören Cocktailsessel aus dem 50er Jahren und allgemein alles, was unter die Kategorie Retro fällt. „Für mich ist der Radschlägermarkt mit vielen schönen Erinnerungen verbunden. Man lernt hier sehr interessante Menschen kennen, sowohl Kunden als auch Trödelnachbarn. Außerdem hat der Radschlägermarkt für die meisten Düsseldorfer Kultstatus.“

Der 27-jährige Lorenz Schulte hat eine goldene Stehlampe, eine urige Werkzeugkiste, zwei Bilder und einen Weihwasserbehälter ergattern können: „Hier findet man immer wieder tolle Kuriositäten. Außerdem ist es hier nicht so kommerziell wie anderswo.“

Der Stand von Felix Nussbaum (50) sieht aus wie ein Open-Air-Museum. An jeder Ecke findet man Gemälde und Figuren: „Der Radschlägermarkt hat einen internationalen Flair. Es kommen Kunden aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich und sogar aus Großbritannien. Damit ist der Radschlägermarkt einzigartig in der Region. Man findet hier jeden sozialen Background, Studenten, Arbeiter und selbst Millionäre.“ Herr Nussbaum steht seit acht Jahren an seinem Stand. Aus seiner Sicht hat sich nur wenig geändert: „Der antiquare Flair des Marktes muss um jeden Preis erhalten werden.“

Kunde Hans Wagner (61) begutachtet währenddessen die Gemälde an Herrn Nussbaums Stand: „Ich habe eine Keramikschale aus den 20er Jahren und ein Schachspiel aus dem 19. Jahrhundert ergattern können. Ich komme seit Jahrzehnten hierhin und finde, dass der Radschlägermarkt einer der besten Antiquitätenmärkte in ganz Deutschland ist. Es gibt hier unzählige Kunstgegenstände. In der Tat ein Flohmarkt von internationalem Format.“ Für ihn ist der Markt eine wahrhaftige Bereicherung für Stadt und Menschen — die Situation hier spiegele eben den Niedergang der Flohmarktkultur wider.

Die nächsten Termine für den Radschlägermarkt: 12. August, 9. September, 14. Oktober, 11. November, 9 Dezember, jeweils von 11 bis 17 Uhr.

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