Düsseldorfer Band „Kopfecho“ hat ihr Debütalbum fertig

Die Düsseldorfer Punkrock-Band um Sängerin Amy Vialon will durchstarten. Vialons musikalische Vorbilder kommen ebenfalls aus dieser Stadt. Ein Gespräch.

Düsseldorf. Kopfecho sind die nächste Rockband aus Düsseldorf, die sich anschickt, in die Fußstapfen von Toten Hosen und Broilers zu treten. Zuletzt spielten sie bei mehreren großen Festivals — und haben nun ihr Debütalbum veröffentlicht. „Sehen, Hören, Fühlen“ überzeugt mit wuchtigem Alternative-Rock sowie Punk-Anleihen. Und Frontfrau Amy Vialon (31) hat Einiges zu Platte und Band zu erzählen.

Amy, wo erreiche ich Sie gerade?

Amy Vialon: Bei der Arbeit. Ich arbeite in einer Druckerei.

„Arbeit“ ist ein gutes Stichwort. Gerade jetzt, wo die Veröffentlichung des Debütalbums Ihrer Band Kopfecho kurz bevorsteht, gibt es doch sicher den Gedanken, irgendwann einmal nicht mehr arbeiten zu müssen, oder?

Vialon: Ja, natürlich! Das ist der Traum von uns allen. Dass wir irgendwann einmal von der Musik leben können. Aber das dauert noch. Wir stehen ja quasi erst am Anfang.

Immerhin gibt es Kopfecho bereits seit 2012. Was ist die wichtigste Lektion, die Sie in diesen ersten Bandjahren gelernt haben?

Vialon: Das Wichtigste ist, immer daran zu glauben, dass man es schafft. Und: Man muss immer am Ball bleiben und weiter an der Band, der Musik, an sich arbeiten. Bislang ist dadurch für uns nur aufwärts gegangen. Hoffentlich bleibt es so.

Sie sind die Frontfrau. Ein interessantes Phänomen im Rock ist, dass Frauen in Bands entweder singen oder Bass spielen. Können Sie das erklären?

Vialon: Sie haben recht. Das stimmt. . . Ich weiß aber nicht, woran das liegen könnte. Es wäre auf jeden Fall interessant, das zu wissen. Bei mir hat es sich eben so ergeben, weil ich immer schon gerne gesungen habe.

Manche Bands mit Sängerin werben sehr offensiv damit, „female fronted“ — so der Fachbegriff in der Szene — zu sein. Quasi: Die Sängerin als Qualitätsmerkmal und als Besonderheit gegenüber Bands, in denen Männer singen. Wie ist das bei Kopfecho?

Vialon: Wir sehen das nicht so. Klar: Ich bin zwar die Sängerin und stehe daher zwangsläufig im Fokus. Aber es wäre falsch, unsere Band nur darauf zu reduzieren. Kopfecho sind mehr als Amy. Wir sind fünf Menschen, die Musik lieben und für ihre gemeinsame Sache brennen. Das steht im Zentrum. Nicht ich.

Jüngst kritisierten nicht wenige Menschen in den sozialen Medien, dass bei Festivals heutzutage mehr Künstler als Künstlerinnen auftreten würden. Mehr Bands mit Sängern als mit Sängerinnen. Was halten Sie angesichts dieser Diskussion von einer verbindlichen Quote von Künstlerinnen bei Festivals?

Vialon: Nichts. Ich unterscheide nicht nach Mann oder Frau. Entweder wird man als Band oder Künstler beziehungsweise Künstlerin wahrgenommen — oder nicht. Letztlich sollte ganz einfach die Qualität entscheiden. Nichts Anderes. Es stimmt zwar, dass man mehr Männer auf der Bühne sieht. Aber ich denke nicht, dass das der Diskriminierung von Frauen geschuldet ist.

Haben Sie eigentlich ein Ritual, bevor Sie zum Auftritt auf die Bühne gehen?

Vialon: Ja. . . Ich heule rum. (lacht)

Sie weinen?

Vialon: Nein, nicht wirklich. Ich jammere eher. Weil ich so unfassbar nervös bin.

Was tun Sie dagegen?

Vialon: Ich trinke einen Pfeffi, einen Pfefferminzlikör. Dann umarmen wir uns alle. Und wenn ich dann auf der Bühne stehe, ist das Lampenfieber auch schon weg und ich bin ganz fokussiert.

Die meisten Künstler bestellen vor dem abendlichen Konzert erst einmal ein üppiges Abendessen.

Vialon: Ich weiß (lacht). Habe ich auch alles schon versucht. Hat aber keinen Sinn. Ich kann das nicht. Ich bekomme vor der Show einfach nichts runter.

Ihr Debütalbum, das nun herauskommt, heißt „Sehen, Hören, Fühlen“. Man könnte sagen: Da fehlt der Geruchssinn.

Vialon: Das stimmt. Der ist auch wichtig. Ich arbeite ja, wie gesagt, in einer Druckerei — und liebe den Geruch von Papier und Farbe, der hier ständig um mich herum ist. Aber der Titel ist genau so perfekt. Er war zunächst nur ein Arbeitstitel. Doch je mehr wir uns mit den Songs beschäftigten, umso klarer wurde uns: So muss die Platte am Ende wirklich heißen. Denn sehen, hören und fühlen: Das ist das, was wir spüren, das ist das, was zählt, wenn es um die Band geht.

Wann sind die Songs denn entstanden?

Vialon: Es sind Songs aus allen bisherigen Phasen der Band dabei. Neue Stücke. Aber eben auch eines wie „Rosenblätter welken“. Das ist der erste Kopfecho-Song überhaupt. Den haben wir ganz zu Anfang geschrieben. Vor sechs Jahren im Proberaum auf der Couch.

Eine Ballade als erster Song einer Rockband?

Vialon: So ist es. Kann passieren. (lacht) Aber es ist eben ein wichtiger Song. Einer, mit dem ich viel verbinde. Er ist ja nicht nur das erste Kopfecho-Lied überhaupt. Er hat auch darüber hinaus eine sehr persönliche Bedeutung für mich und steht im Zentrum der Platte. So wie auch „Neue Wege“. Dieses Stück nämlich war das erste Stück, das in unserer neuen Konstellation als Band entstand. Wir hatten vor einiger Zeit ja ein paar Besetzungswechsel.

Weil es Stunk gegeben hatte?

Vialon: Nein. Das war alles einvernehmlich. Es hatten sich bei denen, die ausgeschieden sind, einfach die Prioritäten geändert. Das war vollkommen in Ordnung. Aber es war natürlich auch traurig. Ich habe sogar geweint. Also: Nicht so wie vor Konzerten. Sondern richtig. (lacht) Entsprechend werde ich diese damalige Zeit auch nie vergessen.

Kopfecho werden wegen der Rockmusik mit Punk-Anleihen und Ihnen als Sängerin oft mit der Band Jennifer Rostock und deren Frontfrau Jennifer Weist verglichen. Weist ist in der Öffentlichkeit sehr freizügigen, aggressiv und offenherzig. Wäre das auch Ihr Ding?

Vialon: Nein. Ich bin eher scheu. Natürlich: In Songs erzähle ich etwas über mich. Und ich sing und stehe auf der Bühne. Aber ansonsten? Stehe ich nicht gerne im Mittelpunkt.

Ihre Stimme ist markant in ihrer Rauheit. Nehmen Sie eigentlich Gesangsunterricht?

Vialon: Nein. Ich habe immer schon so gesungen, seit es Kopfecho gibt. Weil ich es immer schon einfach cool fand, wie die meisten Jungs in Rockbands so gesungen haben. Rau. Heiser. Das habe ich irgendwann selber versucht. Es klappte — und seitdem klingt die Stimme so.

Haben Sie irgendwelche musikalischen Vorbilder?

Vialon: Ich bin schon ziemlich inspiriert von den Toten Hosen. Die höre ich, seit ich acht bin. Es ist toll, in Düsseldorf irgendwie Teil einer Szene zu sein, die sie mit aufgebaut haben und in der es heute Bands wie die Broilers, mit denen wir befreundet sind, Massendefekt oder Rogers gibt.

Und was war Ihre erste selbstgekaufte Platte?

Vialon: Das war eine CD von Christina Aguilera. Ich fand die Breite, die tonale Reichweite ihrer Stimme unfassbar toll! Früher zumindest. Heute geht es eher um das Schreien. (lacht) Da kann ich mich manchmal auch nicht zurückhalten. Selbst wenn die Stimme einmal darunter leiden sollte: Das muss einfach raus.

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