Stadt-Teilchen Zu Besuch bei Tick, Trick und Track im Medien-Hafen

Düsseldorf · Ich war neulich wieder mal bei Tick, Trick und Track. Nein, nicht bei den Neffen von Donald Duck. Ich nenne die Gehry-Bauten so, weil ich dann die drei Türme besser unterscheiden kann. Der rote, der blecherne und der weiße Turm scheinen mir im Sprachgebrauch ebenso umständlich wie die offiziellen Bezeichnungen „Neuer Zollhof 1“, „Neuer Zollhof 2“ und „Neuer Zollhof 3“. Da rede ich lieber von Tick, Trick und Track und meine damit die drei Gebäude von links nach rechts, natürlich von der Hammer Straße aus gesehen.

 Die Bauten des US-amerikanischen Star-Architekten Frank Gehry  sind seit fast 20 Jahren mit ihren schrägen Fassaden einer der Blickfänge des Medienhafens.

Die Bauten des US-amerikanischen Star-Architekten Frank Gehry  sind seit fast 20 Jahren mit ihren schrägen Fassaden einer der Blickfänge des Medienhafens.

Foto: picture-alliance / dpa/Ferdinand_Ostrop

Ich mag Tick, Trick und Track, weil sie irgendwie wie frische Blüten sind, die immerzu von fleißigen Bienen umschwärmt werden. Die Bienen, das sind in diesem Fall Menschen mit Fotoapparaten, die gar nicht genug kriegen können von Bildern der schiefen Türme. Sie staunen und sie knipsen, und manchmal, wenn sie meinen, sie könnten eine noch bessere Perspektive für ihr Bild ergattern, dann biegen sich auch die Knipser und stehen genauso schräg in der Landschaft herum wie die Türme.

Auf der Seite von „Düsseldorf Tourismus“ heißen die drei Türme natürlich nicht Tick, Trick und Track. Dort steht, die Gehry-Bauten seien „das Kunst- und Medienzentrum Rheinhafen“, was ein bisschen lustig klingt, denn schaut man auf die Schilder, die an den Eingängen prangen, dann sind da von Kunst und Medien allenfalls homöopathische Spuren zu finden. Es gibt Schönheitschirurgen und Zahnärzte, wobei ich mich natürlich frage, wie diese das äußere Bild der Gehry-Bauten mit dem inneren Diktat ihrer Profession vereinbaren.

 WZ-Kolumnist

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Foto: NN

Stellt man sich mal auf die Ostseite der Hammer Straße und kneift leicht die Augen zusammen, dann könnten Tick, Trick und Track auch drei wackelige Zähne im Mund von Jürgen Vogel oder Keith Richards sein. Und als Symbol für einen ebenmäßig geformten Körper taugen sie auch nicht so recht. Wahrscheinlich würde jeder Orthopäde ob dieser ungeraden Haltung die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. So steht man nicht als 20-Jähriger.

Nun ja, offiziell sind Tick, Trick und Track ja auch noch keine 20 Jahre. Wenn ich mich recht erinnere wurden die Schlüssel ja erst im Oktober 1999 übergeben, weshalb dieses Triumvirat offiziell erst 19 Jahre auf dem Deckel hat. Trotzdem ist es ein bisschen in die Jahre gekommen. Man sieht das, wenn man den ganzen Komplex mal nicht als Gesamtkunstwerk betrachtet, sondern sich ein bisschen näher heranwagt. Insbesondere Track, also der ganz rechte Turm wirkt ein wenig angegriffen.

Nun hat er natürlich auch das Pech, der weiße Turm zu sein. Weiß ist eine doofe Farbe, wenn man sauber bleiben oder Unschuld signalisieren will. Man kennt das von der weißen Hose oder der weißen Bluse. Kaum hat man die angezogen, kommt irgendwer daher und serviert Spaghetti Bolognese. Untenrum geht es bei Track noch, aber etwas weiter oben, so um den achten Stock herum, da sind doch viele unschöne Stellen zu sehen mit Flecken und Schlieren. Da müsste mal wer was machen.

Das Unschöne von Track wird noch multipliziert, weil es sich ja dem Erbauerkonzept folgend in der blechernen Fassade von Trick spiegelt. Überhaupt ist Turm zwei der beste in dieser architektonischen Dreifaltigkeit. Trick ist die schönste Blume in diesem Bukett. In Trick spiegeln sich nicht nur die beiden Brüder Tick und Track, in Trick spiegeln sich auch die Menschen so gerne, weil die Metallplatten an keiner Stelle ein wirklich reales Bild bieten. Schaut man sich in diesen Spiegeln an, ist man mal zu dick, mal zu dünn, mal zu kurz, mal zu lang, nur nie so wie man wirklich ist. Insofern ist Trick eine wunderbare Illusionsmaschine, ein kostenlos zugängliches Spiegelkabinett. Und in seiner metallenen Rüstung sieht er auch noch ein bisschen aus wie der Ritter von den dreien.

Natürlich hat auch Ritter Trick Altersspuren, aber die fallen weniger auf, weil der Betrachter so rasch von seiner eigenen Spiegelung eingenommen wird, dass er glatt vergisst, die Defizite zu protokollieren. Besser kann man die leichte Verwahrlosung schon bei Tick, dem Turm 1, dem mit der Klinker-Fassade betrachten. Da sieht man deutlich, wo das Wasser sich seinen Weg entlang der Fassade gesucht hat, aber so schlimm wie beim weißen Bruder Track ist es dann doch nicht. Eher umweht Tick so ein Hauch von Verlebtheit.

Aber was soll das Mäkeln am individuellen Mangel? Was hier zählt ist ohnehin die Gemeinsamkeit. Einer für alle, alle für einen. Das Motto der drei Musketiere passt hier prima, denn nur in ihrer Dreifaltigkeit sind die Türme derart exzeptionell, dass sie ihren Ruf als Wahrzeichen dieser schönen Stadt rechtfertigen. Sie wirken von Nahem, weil man sie umrunden und anfassen kann. Sie wirken aber auch aus der Ferne, von der gegenüberliegenden Hafenseite beispielsweise, von wo sich die ganze Pracht dieses Triptychons erweist, von wo auch die Flecken auf dem Weiß und die Schlieren auf dem Klinker kaum zu entdecken sind.

Da strahlen sie als kolossales Trio, als die drei Musketiere von Düsseldorf, als Tick, Trick und Track, die armen Großneffen von Dagobert Duck, der als reichster Mann in die Comicgeschichte eingegangen ist. Irgendwie passt das dann, weil es so schön symbolisiert, dass sich an diesen drei Türmen auch die Gegensätze des Gemeinwesens festmachen lassen. Genau deshalb mag ich sie so, die drei. Weil sie mir jedes Mal eine neue Geschichte erzählen. Und um die Flecken auf der weißen Weste von Track kümmert sich bis zum 20. Geburtstag im Oktober bestimmt auch noch jemand.

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