Stadion-Vertrag Warum der Arena-Deal mit Fortuna auf der Kippe steht

Düsseldorf · Gutachter sehen unerlaubte Subventionierung des Vereins — aufgrund nicht marktkonformer Konditionen.

 Es ist ein langer Weg zum neuen Arena-Vertrag mit der Fortuna.

Es ist ein langer Weg zum neuen Arena-Vertrag mit der Fortuna.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Zu welchen Bedingungen darf die Fortuna die städtische Arena nutzen? Um diese Frage ging es bei den Verhandlungen vor allem zwischen OB Thomas Geisel und dem mittlerweile ehemaligen Fortuna-Vorstandschef Robert Schäfer seit geraumer Zeit. Als nun endlich eine Einigung erzielt wurde, steht diese allerdings auf sehr wackeligen Füßen.

Vor allem aufgrund von drei Gutachten, die der Aufsichtsrat der auch für die Arena zuständigen Stadttochter D.Live in Auftrag gab, um die getroffene Vereinbarung fachgerecht beurteilen zu können. Ergebnis: Die Fachanwälte haben große Bedenken, dass der Vertrag gegen das europäische Beihilferecht verstößt, da die Stadt den Verein faktisch mit zu geringer Miete subventioniere und damit zur Wettbewerbsverzerrung beitrage. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Welche Punkte sehen die Gutachter kritisch? Zwei Gutachten, die unserer Redaktion vorliegen, stellen Kernpunkte des Vertragsentwurfs dar. Sie liefern zudem einen Vergleich mit sieben anderen Vereinen und Stadien in Deutschland sowie wirtschaftliche Hintergründe. Deutlich wird, dass eine jetzt im Raum stehende Miete von drei Millionen Euro für die 1. Bundesliga (bislang sind es 1,3 Millionen Euro) weit unter den Miet- und Betriebskosten anderer Clubs liegt. Dort sind die Werte zum Teil dreimal so hoch.

Interessant ist auch, wie sich die Einnahmesituation der Fortuna verändert, da der Aufsichtsrat hier gerne hätte, dass der Vertrag Partizipationsmöglichkeiten für D.Live vorsieht. Die Ticketerlöse sind von 3,7 Millionen Euro im Jahr 2016/17 auf 8,5 Millionen im Jahr 18/19 geklettert. In der kommenden Spielzeit werden sie auf zehn Millionen Euro geschätzt. Die Einnahmen durch Fernsehvermarktung lagen 16/17 noch bei 7,2, jetzt schon bei 24,5 Millionen Euro, in der nächsten Saison wohl bei rund 30 Millionen Euro. An dieser Stelle fragt ein Insider, wieso der Verein, der nun aus dem Vollen schöpft, überhaupt mit einer niedrigen Miete geschont werden soll.

Zumal D.Live Vermarktungsrechte abgibt und bei denen, die sie behält, hinter einer maximal zu erzielenden Summe von 3,5 Millionen Euro viele Fragezeichen stehen. Denn für die Namensrechte der Ost- und Nordtribüne müssen natürlich erst einmal Sponsoren gefunden werden. Fraglich ist für den Insider an dieser Stelle zudem, warum an die Fortuna abgeführt werden soll, was über die 3,5 Millionen Euro hinaus erwirtschaftet wird. Zumal der Anreiz auf Seiten von D-Live dafür auch nicht sehr ausgeprägt sein dürfte, da die Stadttochter nichts davon hätte.

Das Rechtepaket, das zusätzlich zum bestehenden an Fortuna gehen soll (etwa Logen- und Business-Seats-Vermarktung), sieht dagegen laut Gutachten sicher planbare Erlöse vor — und zwar in Höhe von zwei bis zu 2,5 Millionen Euro. Während die Miete allerdings nur um 1,7 Millionen Euro erhöht werden soll. Unterm Strich „reduziert sich der Vermarktungserfolg für D.Live entsprechend“, wie es im Gutachten heißt.

Und noch einen Punkt geben die Gutachter dem Aufsichtsrat zu bedenken. DFB-Pokal-Spiele sowie mögliche internationale Spiele werden vom Vertragswerk gar nicht erfasst und könnten nach jetziger Formulierung als pauschal abgegolten begriffen werden. Ein Blick nach Frankfurt zeigt dagegen, dass der Verein dort für solche Spiele stets erneut zur Kasse gebeten wird. Was beim aktuellen Erfolgsfall dort sicher zu rechtfertigen ist — und laut Gutachten wohl auch gerechtfertigt werden muss.

Denn in einem zusätzlichen Rechtsgutachten, das dem Aufsichtsrat erst in der nächsten Sitzung vorgestellt werden soll, wird nach Informationen unserer Zeitung deutlich gemacht, dass der Vertragsentwurf keine marktgerechten Konditionen vorsieht. Vor allem ein Verstoß gegen das EU-Beihilferecht wird angenommen, da die Kommune hier den grenzübergreifenden Wettbewerb verfälschen würde. Als „kartell- und vergaberechtlich unzulässig“ wird sogar die so genannte Last-Call-Option bewertet. Fortuna beansprucht hier die Möglichkeit, eigene Partner benennen zu dürfen, die Vertragskonditionen übernehmen, die D-Live mit anderen Partnern ausgehandelt hatte und die ersetzt würden. Vor allem um Bierlieferrechte soll er hier gehen.

Was sagen OB Thomas Geisel und D.Live? Geisel hält die juristischen Bedenken für unberechtigt und verweist darauf, dass sich die Ertragslage für die Arena deutlich verbessere und alle Kosten gedeckt seien, was lange Zeit nicht der Fall gewesen sei. Andererseits wolle er auch nicht an der Fortuna verdienen. Hier fragen Kritiker nun jedoch: warum eigentlich nicht? Geht hier das Wohl der Stadt nicht vor — dem sich der OB ja verpflichtet hat? Und ist die Stadt nicht sogar rechtlich gebunden, marktkonform zu agieren und so der Fortuna etwas mehr abzuverlangen?

D-Live sagt mit Blick auf das beihilferechtliche Gutachten auf Nachfrage unserer Redaktion, dass es sich um einen Entwurf handele, dessen Grundannahmen noch überprüft werden müssten.

Wie geht es jetzt weiter? In der nächsten Aufsichtsratssitzung soll nun zunächst das Rechtsgutachten vorgestellt werden. Klar ist jedoch: Eine Entscheidung des Gremiums ist nicht bindend, die träfe am Ende die Gesellschafterversammlung.

Offen ist, was es für den Vertragsentwurf bedeutet, dass einer der wichtigsten Verfasser mit Robert Schäfer ausgeschieden ist und nun sein Nachfolger Thomas Röttgermann als neuer Fortuna-Chef mit an den Verhandlungstisch rückt.

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