Umstrittene „Spaziergänge“ Parteien rufen zum Gegenprotest auf

Düsseldorf · CDU, die Grünen, SPD, FDP und die Linken wollen am Samstag erstmals ein Zeichen gegen die Querdenken-Demonstrationen setzen.

 Seit zwei Wochen gehen Düsseldorfs Anwohner gegen die Querdenken-Demonstrationen auf die Straße.

Seit zwei Wochen gehen Düsseldorfs Anwohner gegen die Querdenken-Demonstrationen auf die Straße.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

In der Düsseldorfer Politik regt sich Widerstand gegen die wöchentlichen Demonstrationen der Querdenker und Impfpflicht-Gegner. Die Parteien CDU, die Grünen, SPD, FDP und die Linken rufen ihre Mitglieder und alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, am Samstagnachmittag auf die Straße zu gehen und den Demonstranten die Rote Karte zu zeigen.

In dem Tross seien neben Kritikern der Corona-Politik auch „Impfgegner, Verschwörungstheoretiker und Rechtsradikale“ unterwegs, heißt es in dem Aufruf. Man sei entsetzt darüber, wie viel Hass und Hetze von den Demonstrationen ausgehen. „Das ist für uns völlig inakzeptabel und erfordert eine gemeinsame Reaktion und Antwort der demokratischen Parteien“, heißt es weiter. Die derzeit stille Mehrheit der Menschen in Düsseldorf soll am Samstag sichtbar werden und sich friedlich der „kleinen, radikalisierten und die Gesellschaft spaltenden Minderheit“ entgegenstellen.

Wer mitmachen will, könne sich am Rand der Demonstrationsstrecke positionieren oder am Nachmittag an der Kundgebung des linken Bündnisses „Düsseldorf stellt sich quer“ am Corneliusplatz teilnehmen. Die Parteien weisen darauf hin, angesichts der hohen Infektionszahlen beim Protest auch im Freien Abstand zu halten und FFP2-Masken zu tragen. Unterschrieben haben den Aufruf Thomas Jarzombek (CDU), Paula Elsholz und Stefan Engstfeld (Die Grünen), Annika Maus und Oliver Schreiber (SPD), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Kea Detmers (Die Linke). Sie betonen, auch den offenen Brief des „Düsseldorfer Appells“ zu unterstützen. Darin hatte das überparteiliche Bündnis gegen Rassismus, Antisemitismus und Extremismus unter Superintendent Heinrich Fucks dazu aufgerufen, Kritik an den Corona-Maßnahmen künftig nicht mehr auf diesen Kundgebungen zum Ausdruck zu bringen. Den Brief hat auch Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) unterschrieben. Die Düsseldorfer AfD hingegen ruft zeitgleich zum Besuch der Querdenken-Demonstration auf.

Damit positionieren sich die politischen Parteien erstmals geschlossen gegen die Querdenken-Proteste, die seit einigen Monaten wieder regelmäßig und meist mit mehreren Tausend Teilnehmern durch Düsseldorf ziehen. Anwohner aus Unterbilk sind bereits an den vergangenen zwei Wochenenden auf die Straße gegangen und haben ihren Unmut mit Roten Karten und Plakaten, lauter Musik und Trillerpfeifen sichtbar und hörbar gemacht.

Jedoch nicht ganz ohne Folgen: Mehrere Anwohner aus Unterbilk haben vergangenen Samstag Anzeigen kassiert, weil sie gegen die Corona-Kritiker vor ihrer Haustür protestiert und das nicht als Versammlung angemeldet hatten. Sie hatten somit gegen das Versammlungsgesetz verstoßen, hieß es von der Polizei. Die Anwohner zeigten sich verwundert und verärgert über das Vorgehen. „Das erstickt Meinungsäußerung im Keim“, sagte ein Demonstrant.

Die Polizei zeigt Verständnis für den Ärger der Anwohner, verteidigt die Anzeigen aber weiterhin. „Wir können die Reaktionen der Teilnehmenden des Gegenprotests absolut nachvollziehen“, sagte Polizeisprecher Raimund Dockter am Dienstag. „Wir müssen aber immer rechtsstaatlich handeln, bei der Ahndung von Straftaten hat die Polizei, anders als bei Ordnungswidrigkeiten, keinen Ermessensspielraum.“

Die Anwohner hätten sich nicht spontan, sondern vorbereitet mit Plakaten zum Gegenprotest versammelt. Damit wären sie dem Versammlungsgesetz zufolge verpflichtet gewesen, das als Demonstration anzumelden. Das muss spätestens 48 Stunden vorher geschehen. „Die Anmeldepflicht soll Versammlungen nicht verhindern, sondern die effektive Durchführung ermöglichen“, so Dockter. Demonstranten und die Polizei könnten dann vorab Absprachen treffen – etwa zum Schutz der Teilnehmer und zum Lenken des Verkehrs. Wird eine Versammlung nicht rechtzeitig angemeldet, ist das eine Straftat nach dem Versammlungsgesetz. Ermittelt die Polizei bei dem Verdacht einer Straftat nicht, mache sie sich selbst strafbar, so Dockter. Die Anwohner aus Unterbilk haben bereits angekündigt, künftig weiter zu protestieren – als angemeldete Versammlung. Das Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ hat für Samstagnachmittag eine Kundgebung auf dem Corneliusplatz und einen Demonstrationszug über die Königsallee angemeldet. Erwartet werden bislang 1000 Leute, nach dem Aufruf der Parteien könnten es aber mehr werden. Auf der Seite der Querdenken-Bewegung kamen in den vergangenen Wochen bis zu 10 000 Teilnehmer zusammen.

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