Düsseldorf: NRW-Forum nimmt sich selbst auf den Arm

Das Museum im Ehrenhof hat sich eine ungewöhnliche Kampagne ausgedacht: Es nimmt echte und erfundene Marktforschungsergebnisse und macht sich damit über sich selbst lustig.

Düsseldorf. Es fing alles ganz harmlos an und wurde dann immer bekloppter. Der harmlose Teil: Der Kulturausschuss hat sich in seiner Sitzung im April mit einer Umfrage beschäftigt, in der die Bürger angegeben haben, welche Kultureinrichtungen der Stadt sie kennen, nutzen und mögen. Schloss Benrath, die Tonhalle und die Stadtbüchereien erzielten die besten Werte bei Bekanntheitsgrad und Zufriedenheit. Das NRW-Forum belegte einen guten Rang dahinter, unter anderem mit dem Ergebnis, dass 17 Prozent der Befragten das Museum im Ehrenhof nicht kennen.

Das NRW-Forum hat sich im Anschluss keine Mühe gemacht, die Zahl schön zu reden. Sie steht vielmehr im Mittelpunkt von Plakaten, die seit dieser Woche in der Stadt zu sehen sind: „17 Prozent aller Düsseldorfer kennen das NRW-Forum nicht“, ist da zu lesen.

Die Werbekampagne hat drei Ziele. Ganz grundsätzlich will Museumsleiter Alain Bieber sein Haus als solches bewerben. Die meisten Institutionen konzentrieren sich auf den jeweils aktuellen Künstler oder die laufende Ausstellung — immer in der Annahme, dass alleine würde die Menschen zum Besuch bewegen und dass sie das dazugehörige Museum schon kennen und finden. Das NRW-Forum will mit der Kampagne seine Marke herausarbeiten.

Das ist das zweite Ziel: Das NRW-Forum soll als das etwas andere Museum wahrgenommen werden. Eines, für das Humor ein wesentliches Element ist, eines, das sich nicht zu ernst nimmt. „Kultur darf auch mal unterhalten“, sagt Bieber und führt zum dritten Ziel: Das NRW-Forum möchte potentiellen Besuchern die Schwellenängste nehmen. „Die Botschaft ist: Egal, was läuft, es ist immer toll hier“, sagt Bieber. „Zwei, drei Mal im Jahr sollte man uns auf jeden Fall besuchen.

Düsseldorf: NRW-Forum nimmt sich selbst auf den Arm
Foto: NRW-Forum

Zusammenfassung der Marktforschungspublikation des NRW-Forums

Partner für die Kampagne ist die Werbeagentur KesselsKramer. Sie kennt das NRW-Forum gut, weil sie unter anderem den heutigen Auftritt des Hauses gestaltet hat und weil Agentur-Mitbegründer Erik Kessels vor einem guten Jahr dort ausgestellt hat. Und so ist die Idee gleichermaßen ein Marketing-Instrument und ein Kunst-Projekt. Die Kampagne spielt mit den Plakaten und Internet-Motiven auf Big Data, Dataismus, Diagramme und Sammelwut an. So sehr, wie Kessels und das NRW-Forum ihre Spielereien überdrehen, so sehr beginnt der Konsument Statistiken in Fragen zu stellen oder mindestens deren Unantastbarkeit.

Bei der Arbeit an der Kampagne haben die Macher offensichtlich immer mehr Freude entwickelt und sich immer weniger gebremst. Zu den echten Zahlen kamen mehr und mehr erfundene und noch irrwitzigere Aussagen. Neben den Werbemotiven, die nun in der Stadt zu sehen sind, wird es auch eine Zusammenstellung geben, die stilecht in einem Ringbuch veröffentlicht werden soll, voraussichtlich im November.

Dieses Ringbuch fängt schon abgedreht an und steigert sich dann noch. Den Auftakt macht die Behauptung, dass zwölf Prozent der Besucher den Haupteingang nicht finden. Dem soll ein sorgfältig ausgearbeitetes Diagramm entgegenwirken. Es zeigt ein Foto des Haupteingangs und einen Pfeil, der in die Mitte des Bildes deutet.

Und so geht es weiter: 83 Prozent würden lieber das Museum Kunstpalast besuchen. 17 Prozent fällt allerdings auf, dass es dann dort zu voll sein wird. 0,02 Prozent der Besucher werden laut erfundener Statistik so inspiriert sein, „dass sie ihren Job kündigen, ihr Haus verkaufen, das Auto in den Graben fahren, ihre Haare unangenehm lang wachsen lassen und sich von den Kindern verabschieden, um ein Leben in wilder, sorgenloser Hingabe in einem vergessenen Wald eines fernen Landes zu führen.“ Wahrer könnte sein, dass 33 Prozent der Besucher des NRW-Forums Fotos von Fotos machen.

Auf einer der letzten Seiten des Ringbuchs steht, dass 65 Prozent es nicht bis zu dieser Seite geschafft habe. Und ganz am Ende wird das Gelesene statistisch zusammengefasst. Es waren: „2045 Wörter, 79 Zeichen, 3 Pizzas, 13 Lügen.“

Da solch eine Kampagne durchaus aussichtsreich auf Aufmerksamkeit in den Sozialen Netzwerken hofft, gibt es ein digitales Schlagwort (Hashtag) dazu. Es lautet: #durchaufwendigemarktforschungstelltdasnrwforumfestdassfürdiemeistenuserdieserhashtagzulangist.

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