Kino-Bilanz Kinos sollen zu Erlebnisorten ausgebaut werden

Düsseldorf · Für die Düsseldorfer Lichtspielhäuser lief das vergangene Jahr positiv. Die Multiplex-Kinos setzten weiterhin auf attraktive Angebote und komfortable Ausstattung, die Programm-Kinos schaffen Events zu Filmen wie Oscar-Gewinner „Green Book – Eine besondere Freundschaft“.

 Eine Szene aus „Green Book“ mit Viggo Mortensen und Mahershala Ali, dem erfolgreichsten Film in den Programmkinos.

Eine Szene aus „Green Book“ mit Viggo Mortensen und Mahershala Ali, dem erfolgreichsten Film in den Programmkinos.

Foto: dpa/Patti Perret

Die Kinobetreiber zeigen sich zufrieden. Die fünf Filmkunstkinos Atelier im Savoy, Bambi, Cinema, Metropol und Souterrain verzeichneten 185 000 Zuschauer für 2019. Im Jahr 2018 verbuchte Programmleiter Kalle Somnitz noch 168 000 Besucher. Für die gestiegene Resonanz seien „ein paar starke Filme“ verantwortlich gewesen: Die Hape-Kerkeling-Biografie „Der Junge muss an die frische Luft“ von Charlotte Link, die im vergangenen Jahr mit dem Düsseldorfer Helmut-Käutner-Preis ausgezeichnet wurde, Quentin Tarantinos Abgesang auf den Hollywood-Western „Once Upon a Time … in Hollywood“, für den Brad Pitt als Stunt-Double Cliff Booth seinen allerersten Oscar einheimste. Mit fast 10 000 Besuchern setzte sich allerdings „Green Book“ an die Spitze – Peter Farrellys Geschichte von einer Freundschaft zwischen einem afroamerikanischen Pianisten und einem italienisch-amerikanischen Türsteher aus der Bronx. Nur „Toni Erdmann“ von Marion Ade hatte in den Filmkunstkinos zuletzt die 10 000-Besucher-Marke geknackt.

Aber auch für die Düsseldorfer Multiplex-Kinos erwies sich 2019 als ein gutes Jahr. Dem UCI bescherte auch „Der Junge muss an die frische Luft“ viele Gäste. Mit „Das perfekte Geheimnis“ sei ein weiterer deutscher Film ins Kino gekommen, der noch erfolgreicher war als erwartet. „Das zeigt uns, wie wichtig deutsche Produktionen für die Kinolandschaft sind“, sagt UCI-Theatermanager Stephan Kalkbrenner. Insgesamt sei das Filmangebot 2019 sehr gut gewesen. „Zum Jahresende haben ‚Die Eiskönigin 2‘ und ‚Star Wars‘ nochmal richtig viele Gäste begeistert“.

Helmut Rehbein, der Theaterleiter des Cinestar Düsseldorf, zieht ebenfalls ein positives Fazit für das vergangene Jahr: „Kino hat sich entgegen aller Unkenrufe in der Gunst des Publikums behauptet und war besonders im vierten Quartal so erfolgreich wie lange nicht mehr“. Im Gegensatz zu Stephan Kalkbrenner moniert er aber, dass der deutsche Film „deutlich zu wenig ‚perfekte Geheimnisse‘“ gehabt habe. „Hier muss man sich von Produktionsseite Gedanken machen, denn es stellt sich ja immer wieder heraus, dass wir besonders gute Kinojahre haben, wenn auch der deutsche Film funktioniert“. Der Ufa-Palast am Hauptbahnhof reagierte nicht auf Anfragen.

Um die positiven Zuschauerwerte – die Multiplex-Kinos veröffentlichen aus Wettbewerbsgründen keine Besucherzahlen – aus 2019 auch künftig zu erreichen und zu steigern, will das Cinestar sein Angebot noch viel stärker nach den Interessen des Publikums ausrichten. Heißt konkret: „Wir legen weiter einen starken Schwerpunkt auf Original-Versionen. Die sind bei unseren Zuschauern äußerst beliebt“, sagt Rehbein.

Außerdem eröffnete das UCI zum Start von „Star Wars“ seinen neuen Imax-Kinosaal. Mit 3D-Laserprojektionstechnik und elektrisch verstellbaren Luxussitzen, in denen die Zuschauer halbliegend den Filmen folgen können und über mehr Freiraum und Beinfreiheit verfügen. Zudem nahm das UCI eine sogenannte Coke-Freestyle-Anlage in Betrieb. Mit ihr können sich Besucher aus über 100 verschiedenen Sorten ihre Lieblings-Softdrinks zusammenmischen.

Das UCI setzt auf Familien-Veranstaltungen, etwa das Disney-Mitmachkino, das am vergangenen Sonntag startete. „Das ist ein Format, mit dem unsere jüngsten Gäste mit kurzen Episoden Kino erleben können und dabei auch nicht still sitzen müssen“, erklärt Stephan Kalkbrenner. Neben den regulären Filmstarts setzt das UCI auf alternative Inhalte: Konzertfilme und -übertragungen, neue Animes aus Asien und auch die Live-Übertragungen der Opern und Ballette aus dem Royal Opera House London gehen weiter. Die Gäste erwartet außerdem ein abwechslungsreiches Filmprogramm. Außerdem herrsche bereits jetzt eine große Vorfreude auf den neuen James-Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“, der ab Anfang April laufen wird – bei den Gästen wie auch bei Firmen, die ganze Säle gemietet haben, um den 007-Agententhriller mit ihren Mitarbeitern oder Kunden anzuschauen.

Für die Multiplex-Kinos geht der Trend dahin, ihre Lichtspielhäuser zu Erlebnisstätten auszubauen. Attraktive Angebote, komfortable Ausstattung, herausragende Bild- und Soundqualität. Als besonders erfreulich erachtet Helmut Rehbein vom Cinestar daher Initiativen wie das in diesem Jahr erstmalig stattfindende bundesweite Kinofest: „Es wird – dem französischen Vorbild folgend – definitiv dazu beitragen, dass Kino in aller Munde ist.“

Bei den Programm-Kinos ist ein weiterer Trend erkennbar: Regisseure erscheinen immer öfter zu ihren Film-Premieren. „Das sind vielfach Dokumentarfilme, Reisefilme, teilweise auch Sport-Outdoor-Surf-Filme, und da gehen die Regisseure mit dem Film auf Tour“, sagt Kalle Somnitz von den Filmkunstkinos. Die Veranstaltungen seien in der Regel ausverkauft, allerdings könne man diese Filme nicht mehrfach spielen. „Sie leben allein vom Event, durch den sie aufgewertet werden“, meint Somnitz. Etwa „Nur die Füße tun mir leid“, in dem Gabi Röhrl ihre Jakobsweg-Pilgertour dokumentiert. Oder „Butenland“, der von einem Hof erzählt, auf dem Rinder in einem Kuh-Altersheim ihren Lebensabend verbringen dürfen. Dieser „alternative Content“ ziehe allerdings nicht die typischen Kinozuschauer an, sondern vielmehr Menschen mit Spezialinteressen: Tierschutz-Aktivismus oder Pilgerreisen. Gerade dadurch fungiere das Kino als sozialer Ort, wo sich Leute begegnen und austauschen können.

Die Film-Premieren-Events wollen die Arthouse-Kinos langfristig unter einem Dach veranstalten. Noch immer steht der Plan, die quer durch die Stadt verteilten Kinos zu einem Lichtspielhaus zu vereinen. Hieße: Kein Atelier im Savoy und Bambi mehr in der Innenstadt, kein Cinema in der Altstadt, kein Metropol in Bilk, kein Souterrain in Oberkassel. „Wir lieben das auch: Jedes Kino hat sein eigenes Flair, seinen eigenen Charakter, teilweise sein eigenes Stamm-Publikum. Es ist aber auf Dauer kaum möglich, diese Einzelhäuser zu halten. Der Ufa-Palast hat zehn Säle mit einem Vorführer, wir haben sieben Säle auf fünf Kinos und da sind fünf Vorführer. Das ist wirtschaftlich nicht zu rechnen“, sagt Kalle Somnitz. Die Pläne für ein gemeinsames Filmtheater im Bilker Bunker haben sich aufgrund zu hoher Kosten letztes Jahr endgültig zerschlagen. Die Theaterleiter der Filmkunstkinos suchen nun weiter nach neuen Räumen.

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