Düsseldorf ist die Handy-Hauptstadt

Viele Firmen, viele Smartphone-Nutzer — daher wird hier gern Neues getestet.

Düsseldorf. Sportstadt, Modestadt, Messestadt — Düsseldorf beansprucht so einige Labels für sich. Aber eine Bezeichnung hat es bislang kaum in die breite Öffentlichkeit geschafft, obwohl sie mehr ist als eine Werbephrase: Mobile Capital, die „Hauptstadt des Mobilfunks“. Hört man in der Branche diesen Begriff, so erklärt Anne Linnenbrügger-Schauer vom Einzelhandelsverband, wisse jeder gleich: Man spricht über Düsseldorf.

Und das liegt nicht nur an großen Unternehmenszentralen wie jenen von Vodafone und der E-Plus-Gruppe. Auch ist der Düsseldorfer an sich offenbar sehr handy-affin: Das Betriebssystem Android für Smartphones etwa wird laut einer Studie nirgends in Deutschland so viel genutzt wie bei uns. Und deshalb ist der Düsseldorfer an sich auch oft quasi Versuchskaninchen für die Innovationen der Branche.

So war Düsseldorf eine der ersten deutschen Städte, wo es Parkscheine oder Straßenbahn-Tickets per Handy gab. Ein anderes Beispiel sind die neuen Carsharinganbieter Car2go und DriveNow: Deren Autos lassen sich bequem per Handy orten — wenn man eines hat. Kein Wunder also, dass Düsseldorf die erste deutsche Stadt war, in der sich beide Anbieter Konkurrenz machten.

„Mobile Capital“ ist derweil auch der Titel einer Standortkampagne der städtischen Wirtschaftsförderung. 120 Partner hat diese inzwischen. „Das geht vom Start-up bis zum Global Player“, erklärt Jürgen Gerreser von der Wirtschaftsförderung.

Rund 50 neue Ansiedlungen von Mobilfunkunternehmen allein in den vergangenen drei Jahren verzeichnete die Wirtschaftsförderung. Damit gibt es mittlerweile mehr als 1500 Firmen aus den Branchen der Informations- und Kommunikationstechnik in Düsseldorf. Ein Jobmotor.

Unter den Neuansiedlungen sind auch so genannte Spin-offs — also Ableger erfolgreicher Unternehmen. Wie Secusmart, die Düsseldorfer Firma, die das abhörsichere Handy der Kanzlerin entwickelt hat. „Wir haben aber auch eine sehr lebendige Start-up-Szene“, sagt Gerreser. Wichtig: Es gehe um „qualifizierte Neugründungen“ — denn in der schnelllebigen Telekommunikationsbranche entfalteten meist nur zwei bis drei von zehn jungen Unternehmen Wachstumspotenzial. „Wir versuchen, sie zu begleiten, zu beraten, zu vernetzten“, erklärt Gerreser.

Vom Netzwerk vor Ort haben auch „Emmas Enkel“ profitiert. Vor zwei Jahren habe sich Sebastian Diehl und Benjamin Brüser mit einem altmodischen Tante-Emma-Laden an der Berliner Allee selbstständig gemacht — und mit einem Online-Handel für das Sortiment. Inzwischen gibt es dieses Angebot auch als App fürs Smartphone — denn die „Enkel“ haben sich mit Vodafone zusammengetan (die WZ berichtete).

„Wir haben es ganz gut getroffen“, sagt Brüser und meint die Kombi aus potenziellen Partnern und handy-affinen Menschen in der Stadt. „Eine schöne Spielwiese — hier ist genug Potenzial, um etwas auszutesten“, erklärt der Firmenchef. Und er kann nach wenigen Wochen auch schon Erfolge vermelden: „Die App ist sehr, sehr gut angenommen worden.“

Die „Spielwiese“ Düsseldorf hat auch Marcus Becker von der Firma Paycash schon ausgetestet. Seit dem vergangenen Sommer konnten Studenten der Uni etwa im Studentenbistro auf dem Campus mit ihrem Handy bezahlen, im Januar wurde das Pilotprojekt auf den Hauptbahnhof ausgeweitet. „Es wird sehr gut angenommen“, bilanziert Becker. Inzwischen sei das Handy-Bezahlen deshalb auch im Kö-Club Attic, in der Eisbar in Pempelfort und im Biergarten der Rheinterrasse möglich. „Weitere Partner in Düsseldorf sind in der Pipeline.“

Die Entscheidung für Düsseldorf sei richtig gewesen, sagt Becker: „Wir haben hier mit Frankfurt den höchsten Verbreitungsgrad von Smartphones in ganz Deutschland.“ Düsseldorf wird daher sicher auch weiter Testgebiet für die Branche bleiben.

2Obwohl hinter der Mobile Capital zumindest ein Fragezeichen steht: Was passiert mit der E-Plus-Zentrale, wenn die Fusion mit O2 abgeschlossen ist? Das kann auch Unternehmenssprecher Guido Heitmann noch nicht beantworten: „Es ist noch viel zu früh, darüber eine Aussage zu treffen.“

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