Helfer Düsseldorf: Helfen in Zeiten der Corona-Krise

Düsseldorf · Ute Sändig hat gerade viel Zeit, weil ihr Aufträge wegbrechen. Jetzt bringt sie Wasserkästen zu einer 70-Jährigen.

 Ute Sändig beliefert ältere Menschen und die, die nicht raus können, in Zeiten von Corona.

Ute Sändig beliefert ältere Menschen und die, die nicht raus können, in Zeiten von Corona.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Ute Sändig hat am Donnerstag zwei Kästen Wasser gekauft. Das an sich klingt wenig spektakulär. Sie hat aber zum ersten Mal zwei Kästen Wasser für eine Person gekauft, die sie noch nie gesehen hat. Denn sie hat Zeit - und andere dürfen jetzt nicht vor die Tür.

Helfen ist in diesen Tagen für viele Düsseldorfer zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Denn gerade Ältere oder Menschen mit Vorerkrankungen sollten sich nicht mit dem Coronavirus anstecken, und das bedeutet für viele: Rausgehen verboten. Ein Teil der Hilfe organisiert sich über das Netz und über die direkte Nachbarschaft, ein anderer über die zentrale Vermittlungsstelle bei der Stadt oder über die freien Träger wie Diakonie oder Caritas.

 Blick in den Kofferraum von Ute Sändigs Mini: Die 48-Jährige hat Wasserkästen für eine ältere Dame besorgt.

Blick in den Kofferraum von Ute Sändigs Mini: Die 48-Jährige hat Wasserkästen für eine ältere Dame besorgt.

Foto: Ute Sändig

Über die Diakonie hat die 48 Jahre alte Ute Sändig auch ihren ersten Auftrag als Helferin in Zeiten des Coronavirus bekommen. Seit einem Jahr engagiert sie sich im Benrather Zentrum plus. Und sagte deshalb auch sofort zu, als die Einrichtung sie fragte, ob sie Besorgungen für Ältere oder Kranke übernehmen könnte. „Ich bin Kommunikationstrainerin und Coach. Sie können sich sicher vorstellen, dass ich gerade viel Zeit habe“, sagt sie mit einer guten Portion Galgenhumor. Alle Veranstaltungen und Aufträge sind abgesagt. Das bedeutet auch für sie, dass diese Zeit eine schwere existenzielle Prüfung darstellt.

Ute Sändig bekam also den Kontakt zu einer älteren Dame aus Benrath vermittelt und rief an. Vorräte seien noch einige im Haus, sagte diese, aber ihre Wasserflaschen gingen zur Neige. Beide wussten zunächst nicht wirklich, wie eine garantiert ansteckungsfreie Übergabe ablaufen würde. Aber sie waren zuversichtlich, dass sie sich etwas einfallen lassen würden. Das Wichtigste: mindestens eineinhalb Meter Abstand halten und keinen Körperkontakt.

Die Übergabe fand dann im Hausflur eines Benrather Mehrfamilienhauses statt. „Es war lustig, wir mussten beide lachen“, erzählt Sändig. Denn auch die sympathische, etwa 70 Jahre alte Rentnerin nahm die ganze Situation mit Humor. „Wir waren nämlich beide erst mal etwas unbeholfen, dann hatten wir aber einen Plan, wie wir das jetzt machen“, sagt Sändig. Sie trug der älteren Dame die Kästen in den Keller.

Dann legte sie die Quittung auf einen Tisch und die Dame wiederum legte das Geld daneben. Die beiden wollen nun in Kontakt bleiben. „Es ist sicher einfacher, wenn wir das auf dem kleinen Dienstweg machen und nicht jedes Mal über das Zentrum plus gehen“, sagt Sändig. Als sie gehen wollte, habe sie noch vehement das Spritgeld abwehren müssen, dass die etwa 70-Jährige ihr geben wollte. „Ich wohne ganz in der Nähe, das war wirklich nicht nötig.“

Viele Menschen bieten beim Amt für soziale Dienste ihre Hilfe an

Tatsächlich ist die Solidarität der Düsseldorfer insgesamt enorm. Der vom Amt für soziale Dienste eingerichtete Hilfsservice bekommt sehr viele Anrufe von Menschen, die ihre Hilfe anbieten. 300 waren es von Mittwoch bis Freitag. Die Stadt ruft jeden einzelnen zurück, um zu prüfen, ob derjenige als Helfer in Frage kommt. Anfragen können an den Koordinator Wolfgang Gerhard unter [email protected] gestellt werden.

Im Netz werden unter dem Hashtag Nachbarschafts-Challenge Hilfsangebote und Bedarf zusammengeführt, so auch in der Facebook-Gruppe „Nettwerk Düsseldorf“. Und mit der „Solidarischen Nachbarschaft“ in Düsseldorf wurde eine neue Webseite geschaffen, auf der ebenfalls Hilfe gebündelt wird.

Dort werden die verschiedenen Angebote von Freiwilligen in einer Liste aufgeführt und auf einer Karte angezeigt, sodass vor allem Angebote in der Nähe denjenigen angeboten werden, die sie in Anspruch nehmen wollen. Kontakt aufgenommen werden kann über das Portal oder über die Telefonnummer, wenn der Freiwillige sie denn angeben will. Das ist kein Muss. Die Hilfesuchenden müssen sich für die „Solidarische Nachbarschaft“ allerdings auf einer Webseite zurechtfinden können.

Wer dazu nicht in der Lage ist, kann sich telefonisch an die Hilfs-Zentrale der Stadt wenden. Versorgungshotline für Hilfebedürftige: 0211/8998999.

Die Düsseldorfer Kliniken sehen sich noch nicht in der Situation, dass sie freiwillige, nicht medizinisch geschulte Helfer brauchen. Auf Anfrage bei den VKKD-Kliniken und der Uniklinik könnte sich das bei einer Verschärfung der Lage ändern, so weit sei es aber noch nicht.

Ute Sändig sagt, dass ihr das Helfen ein Bedürfnis ist. Sie hat keine eigene Familie und lebt allein. Bisher habe sie nie viel Zeit zum Helfen gehabt, das habe sich nun ganz schnell geändert.

„Es heißt zwar immer, dass es keinen Altruismus ohne wenigstens ein bisschen Egoismus gibt, aber ich habe schon den Wunsch, meinen Beitrag zu leisten. Empathie und ein gewisser Sinn fürs Zwischenmenschliche sind ja auch wesentliche Bestandteile meines Berufs. Und wenn man die Welt ein kleines bisschen wärmer machen kann, sollte man es tun.“

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