Düsseldorf freut sich auf den ESC

Deutschland hatte 2006 sein Sommermärchen, Düsseldorf will 2011 sein Maimärchen. Alles gut fürs Image.

Düsseldorf. 2006 hatte Deutschland sein Sommermärchen. Sind die Deutschen nicht arbeitsam, genussfern? Ein Volk, das fünf nicht gerade sein lassen kann und zum Lachen in den Keller geht? Die Welt staunte bei der Fußball-WM, denn das Land präsentierte sich fröhlich, offen, feierfreudig und als sympathischer Gastgeber. Ein Land, in das man gerne wiedferkommt.

Düsseldorf ist in einer ähnlichen Situation und leidet ein wenig unter einem Zerrbild, auch wenn das rund um den Schlossturm keiner gerne zugibt. Düsseldorf ist in diesem rein deutschen Spiegel eine reiche Stadt ohne Seele, ein Gernegroß ohne wirkliche Geschichte (Gruß aus Köln), ein wenig unecht wie eine Frau, die viel Geld beim Schönheitschirurgen gelassen hat und nun in Designermode über die Kö stöckelt (Gruß von allen).

Alles Klischees, wissen die Düsseldorfer, und viele internationale Gäste nehmen diese Vorurteile gar nicht wahr, sondern mögen die Stadt. Das bisschen Wahrheit, das in jedem Klischee steckt (die Deutschen sind ja schließlich auch wieder Konjunkturlokomotive), buchen wir aufs Konto der eigenen Lebensart und -lust. Es ist ja auch kein Nachteil, in einer schuldenfreien Stadt zu leben, die bis hin zu den viel zitierten Gratis-Kitas viele Angebote macht.

Ein Bauchladen an Vorteilen schafft aber noch keine Identität, geschweige denn ein gutes Image. Deswegen gilt es die Chance zu nutzen, wenn überall in Europa anlässlich des Eurovision Song Contest (ESC) über Düsseldorf berichtet wird.

Der Marketing-Club diagnostiziert das mit den Worten seines Vorsitzenden Dirk Krüssenberg so: „Die Frage, ist, ob das relativ schwach konturierte Düsseldorf jetzt die Chance nutzt, mit dem ESC-Medien-Hype einen erfolgreichen Brand building-Prozess über die Grenzen Deutschlands hinweg zu zünden. Erfolgreich meint, dass am Ende eine hochsympathische Positionierung Düsseldorfs als Nettoinhalt übrigbleibt.“

„Brandbuilding“ bedeutet Markenbildung, und tatsächlich will Oberbürgermeister Dirk Elbers Düsseldorf als sympathischen Gastgeber positionieren. Das ist die Überschrift. Besser geht’s nicht, denn Menschen gewinnt man mit Bildern und Emotionen und nicht mit den letztlich so wichtigen wirtschaftlichen Rahmendaten.

Dazu passt, wo die Kunde von der ausgebuchten Messestadt die Runde macht, die Idee, den jungen Musikfans preiswerte Übernachtungen in einer Zeltstadt anzubieten. Dazu passen das Public Viewing auf mehreren Bühnen in der Stadt, Lounges am Rheinufer, der Nachwuchswettbewerb. Hunderte Ideen prasseln auf das Rathaus ein, die Bürger haben Spaß daran, Düsseldorf zum ESC gut aussehen zu lassen.

Lena, die zum Synonym des Song Contest geworden ist, ist im großen Zusammenhang gar nicht mehr so wichtig. Wenn sie im Februar mit Liedern gegen sich selbst antritt, dürfte eine gewisse Sättigung erreicht werden.

In den Niederungen der Lokalpolitik wird es gleichzeitig um die Frage gehen, was der ganze Spaß denn kostet. Wie teuer ist die kleine Arena für drei Fortuna-Spiele eigentlich? Eine relevante Frage, bei der die Machthaber fleißig mauern. Das ist falsch, speist sich aus der Angst vor Kritik. Dem Düsseldorfer Maimärchen wird’s am Ende wohl nicht anhaben.

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