Telekommunikation Der kleine Anbieter auf dem großen Telefonmarkt

Düsseldorf · Satellite hat sich mit seiner Idee trotz starker Konkurrenz etabliert. Um das zu schaffen, brauchte das Unternehmen unter anderem zwei Vollzeit-Anwälte.

 Michael Neudert und Marcel Mellor im Sitz von Satellite in Unterbilk.

Michael Neudert und Marcel Mellor im Sitz von Satellite in Unterbilk.

Foto: David Young

Telekommunikationsunternehmen sind in der Regel vor allem eines nicht: klein. Die wenigen Anbieter, die es gibt, sind Konzerne. Ist das ein Markt, in dem kleinere Unternehmen Fuß fassen können? Und warum sollten sie das tun? Fragt man die Macher von Satellite, lautet die Antwort wohl: Weil man eine Idee hat.

Satellite gehört zum Telekommunikationsanbieter Sipgate mit Sitz an der Gladbacher Straße in Unterbilk. Und nach jahrelangen Verhandlungen mit der Bundesnetzagentur und Rechtsstreitereien mit den Big Playern auf dem Telefonie-Markt könnte man behaupten, dass sie Fuß gefasst haben. 200 000 Kunden nutzen das Angebot unterdessen. Weil Satellite etwas anders macht. Aber: Das Alleinstellungsmerkmal könnte sich mit der Umstellung des Netzes auf 5G zumindest verändern.

Nun aber dazu, was Satellite überhaupt macht: „Im Prinzip ist die Idee, eine Telefonnummer unabhängig von der Sim-Karte zu nutzen“, erklärt Michael Neudert, zuständig für Kommunikation und Marketing bei Satellite. Ein Beispiel: Viele Kunden würden die Satellite-Nummer verwenden, um ihre Büro-Nummer auch unterwegs nutzen zu können. Diese ist damit nicht mehr abhängig von einem Gerät. Sie ist über eine App verfügbar und kann deshalb auf mehreren Geräten genutzt werden. Und: Bei Satellite wird über das Internet telefoniert und nicht über das „normale“ Mobilfunknetz, das GSM-Netz. Das ist dann ähnlich wie bei einem Whatsapp-Anruf. Nur dass der Gesprächspartner nicht gezwungen ist, auch Whatsapp zu nutzen. Das bedeutet auch: Wer im Urlaub das Handy verliert, kann die App auf dem Handy eines Freundes installieren, sich einloggen und wieder über seine Telefonnummer telefonieren oder angerufen werden.

Satellite gibt es jetzt seit dreieinhalb Jahren. Mit den heute 200 000 Nutzern ist Marcel Mellor, Product Lead bei Satellite, angesichts dessen ziemlich zufrieden. Aber: Ohne das Unternehmen Sipgate im Hintergrund wäre die Idee wohl nur eine Idee geblieben. Denn so habe man auf eine eigene Netzinfrastruktur und die Erfahrung mit der Technologie seit 2004 zurückgreifen können. Und: „Wir beschäftigen bei Sipgate zwei Vollzeit-Anwälte“, erklärt Michael Neudert. „Das war gerade zu Beginn wichtig.“ Denn der Markt sei extrem reguliert. Und das bedeutete nicht nur unzählige Verhandlungen und Abstimmungen mit der Bundesnetzagentur. Die großen Mobilfunkanbieter hatten etwas dagegen, dass da ein neuer, kleiner Anbieter Telefonieren übers Internet und das von jedem Gerät anbietet. „Die Telekom selber hatte mit ‚IMMMR’ mal ein ähnliches Vorhaben wie wir, die haben es allerdings eingestampft“, erzählt Neudert. Das Feld habe man Satellite aber nicht einfach so überlassen wollen. „Die Auseinandersetzungen waren extrem komplex, aber ich beschreibe es mal so: Wenn in Deutschland ein Telefongespräch geführt wird, über das normale Mobilfunknetz, dann ist vorgegeben, dass die Luft schwingt. Da das bei dieser Art der Telefonie eben der Fall ist. Bei unserer, beim Telefonieren übers Daten-Netz, schwingt aber nichts. Das wurde uns dann quasi vorgeworfen“, erzählt Mellor. Dann habe es mit den großen Anbietern noch Verhandlungen darüber geben müssen, wie man sich verbindet, also zu welchen Konditionen ein Satellite-Anrufer in ein anderes Netz telefonieren darf. Auch das sei nicht nur von Wohlwollen der Großen geprägt gewesen, so Neudert. Aber inzwischen habe man sich mit allen einigen können.

Auf das Unternehmen kommt aber etwas Neues hinzu: Auch wenn der Ausbau des 5G-Netzes noch stockt, so wird die neue Generation der Mobiltelefonie und des mobilen Internets bei allen Anbietern dazu führen, dass über das Internet telefoniert wird. Verliert Satellite da nicht ein Alleinstellungsmerkmal? „Nicht wirklich“, sagt Marcel Mellor. „Wir sind ja vor allem insofern anders, als dass wir die Telefonnummer vom Gerät loslösen. Und dass wir dem Monopol von Apps wie Whatsapp etwas entgegensetzen. Das Internet bietet ja eigentlich unendliche Freiheiten, aber trotzdem nutzen am Ende fast alle ein paar wenige Apps“, sagt Marcel Mellor.

Ab dem Sommer 2020 bietet Satellite eine E-Sim als In-App-Kauf. Die E-Sim ist das nächste große Ding auf dem Mobilfunkmarkt. Hier bleibt der Vorteil der vom Gerät losgelösten Nummer für Satellite immer noch bestehen, denn das „E“ steht nicht etwa für elektronisch, sondern für embedded, zu deutsch: eingebaut. Der einzige Vorteil ist dabei, dass sie vom Anbieter umgeschrieben werden kann, der Nutzer muss also nicht mehr auf eine per Post geschickte neue Sim-Karte warten. Die E-Sims können aber nur in den neuesten Smartphones genutzt werden.

Was es bei Satellite noch nicht gibt, ist eine Funktion, um klassische SMS zu verschicken. Das sei vor allen Dingen für automatische SMS wie bei Tan-Vergaben wichtig, so Neudert. Aber man arbeite daran, das bald anbieten zu können. Wieder sei es hier schwierig, sich mit den Großen zu einigen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort