Düsseldorf – das volle Aroma

Neubürger bekommen ein Probepäckchen geschenkt. Die Mischung ist mild geröstet und wird fair gehandelt.

Düsseldorf. Ein Umzug soll ja angeblich psychologisch so aufreibend sein wie eine Scheidung. Da tut man nach geschafftem Kistenschleppen natürlich alles, um den Stress schleunigst abzuschütteln und in der neuen Heimat anzukommen.

Heimisch zu werden. Wer nach München zieht, trinkt dazu erstmal ein Weißbier, wer nach Köln zieht ein Kölsch, wer nach Berlin zieht Weiße-Waldmeister. Und wer nach Düsseldorf zieht, trinkt ... Kaffee?

Neuerdings schon. Die Stadt begrüßt ihre Neubürger jetzt mit einem Probepäckchen ihres "Düsseldorf Café". Arabica, Hochland. So schmeckt unsere Stadt. Aber die Zugezogenen sollen nun nicht ausströmen in die Felder von Kaffee-Hamm, um beim Anblick eifrig Bohnen pflückender Kaffeebauern plötzlich von einem Gefühl der Heimatverbundenheit ergriffen zu werden.

Nein nein, sagt Umweltamtsleiter Werner Görtz. Denn dort wächst weiterhin der Kappes. Düsseldorfs eigene Röstung kommt von weit her, aus Südamerika. So vollmundig wie der Düsseldorfer selbst, soll sie dennoch sein. Und: Sie hat eine kleine Erfolgsgeschichte geschrieben.

In 70 Geschäften der Stadt steht der "Düsseldorf Café" inzwischen. Denn die Nachfrage ist seit der Einführung 2002 ordentlich gestiegen. Zwei bis drei Tonnen seines eigenen Kaffees trinkt Düsseldorf pro Jahr. Viel für eine Städte-Röstung, weiß Hans Jürgen Wozniak, Produktmanager der Gepa, der den fair gehandelten "Düsseldorf Café" einst gemischt hat.

Der ausgebildete Agraringenieur hat entschieden, wie Düsseldorf geröstet schmeckt: Nach Mexiko, Honduras, Nicaragua. "Mit einer kräftigen Note Bolivien", sagt Wozniak. "Wir wollten etwas Mildes hinkriegen, das trotzdem vollaromatisch nach Kaffee schmeckt."

Afrika war damit raus - die Bohnen tansanischer Bauern waren zu jener Zeit noch so stark, dass der Rheinländer schlagartig all seine Gemütlichkeit verloren hätte und zum wibbeligen Italiener überdreht wäre.

"Wir wollten vor allem kleinen Produzenten die Chance geben, in die Mischung zu gelangen", erklärt Wozniak die Idee hinter dem fairen "Düsseldorf Café". Familien mit einem oder zwei Hektar Land, die in kleinen Genossenschaften organisiert sind.

Über Wochen hat Wozniak damals gekostet, um die richtige Mischung von Nicaragua und Honduras abzuwägen, damit das Resultat schwer nach Düsseldorf schmeckt. 200 bis 300 Probetassen braucht die perfekte Röstung. "Aber das schluckt man nicht alles", sagt Wozniak. "Das gäbe eine Koffeinvergiftung."

Obwohl Hans Jürgen Wozniak mit der Nachfrage nach seiner rheinischen Mischung zufrieden ist: "Die Düsseldorfer dürften ruhig noch um das Doppelte zulegen - das schaffen wir."

Auch das ist ein Grund für die Kaffeeprobe im Neubürger-Paket, sagt Umweltamtsleiter Görtz. "Wenn die Nachfrage einmal groß genug ist, bieten wir vielleicht noch ,Düsseldorf Café extra-mild’ an", visioniert er. Dass sich fairer Handel lohnt, hat sich 2007 gezeigt, als die Stadt den Preis als "Hauptstadt des fairen Handels" gewann.

Die 4000 Euro Preisgeld des Entwicklungshilfeministeriums fließen jetzt in die Neubürger-Päckchen. Auf diese Weise, so hofft Görtz, kommen für den "Düsseldorf Café" reichlich neue Stammtrinker zusammen. Er selbst fällt da raus: "Ich trinke nur fairen Tee." Und an einen eigenen Stadtaufguss sei noch nicht gedacht. Düsseldorf gebeutelt? Lieber nicht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort