Das Creamcheese Die Kneipe, die ein Gesamtkunstwerk war

Düsseldorf · INTERVIEW Der Verein „Creamcheese“ will die Erinnerung an die Kult-Kneipe wachhalten.

Reinert

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Foto: ja/Frank

Herr Reinert, Ihre Eltern Hans-Joachim und Bim Reinert haben das Creamcheese 1967 eröffnet. Was machte die Kneipe so besonders?

Jost Reinert: Das Creamcheese hatte einen ganz anderen Anspruch an Kneipen. Verschiedene Künstler machten es zu einem Gesamtkunstobjekt, in dem man eine neue Bewusstseinserfahrung machen konnte. So hatte der Künstler Heinz Mack eine Theke konzipiert, die die Sinneserfahrung auf den Kopf stellte. Denn die Spiegel waren so gestellt, dass man sich völlig desorientiert fühlte. Man tanzte ausgelassen zu psychedelischer Musik, oben stand Künstler Günther Uecker und hat Film-Projektoren auf die Tanzenden gerichtet, so dass sie Teil des Films wurden.

Neben Heinz Mack, Günther Uecker haben ja auch Filmemacher Lutz Mommartz, Designer Danilo Silvestrin und Medienkünstler Ferdinand Kriwet die Kneipe mitgestaltet. Wie kam es überhaupt dazu?

Reinert: Federführend waren Uecker und meine Eltern, weil sie die Kneipe anmieteten, renovierten, eröffneten und betrieben. Und es kamen ja noch mehr Künstler: Konrad Lueg, George Ricky oder Daniel Spoerri. Joseph Beuys hat mit Anatol eine Performance durchgeführt. Und viele Künstler waren erst einmal Barkeeper, bevor sie bekannt wurden, z.B. Blinky Palermo. Auch Katharina Sieverding war hinter der Theke.

Wurden die Künstler durch Aufritte im Creamcheese bekannter?

Reinert: 1968 war der Ausstellungsleiter der Documenta, Arnold Bode, da und hat gesagt: Das ist hier ein Gesamtkunstwerk. Dann haben wir Kinder 100 Tage frei gekriegt, um mit unseren Eltern in Kassel anwesend zu sein. Die bauten dort das Creamcheese neu auf und stellten es in der Orangerie aus. Insofern kriegte es schon früh die musealen Weihen.

Im Creamcheese lief aber auch progressive Musik, die nirgendwo sonst in Düsseldorf zu hören war. Wie kamen die DJs an die Platten?

Reinert: Seinerzeit gab es die Schallplatten nicht im Handel. Der DJ musste von meinen Eltern nach London geschickt werden, wo es die großen Schallplattenläden gab, die diese Labels anboten. Und dort wurden die dann gekauft, nach Deutschland eingeführt und dann aufgelegt.

1976 schloss das Creamcheese. Wie kam es dazu?

Reinert: Das Haus gehörte der Stadt und wurde im Zuge der Gentrifizierung privatisiert. Man hat es für kleines Geld verkauft, womit auch die Entmietung  gewährleistet war. Das betraf dann auch meine Eltern mit dem Creamcheese.

2006 haben Sie einen Verein gegründet, mit dem sie die Erinnerung an Creamcheese wachhalten wollen. Warum erachten Sie das als wichtig?

Michael Notowitz: Die Ursprungsidee war, Kunst und Musik wieder zu vereinen. Ist aber nicht gelungen. Stattdessen gibt es nun eine neue Veranstaltungsreihe namens „Creamcheese presents“, bei der die Musik von damals gespielt wird und junge Künstler ihre Werke präsentieren können.

Was erwartet die Besucher bei der nächsten Party am 3. November?

Notowitz:  Wir versuchenm über die Stimmung den Geist von damals zu befördern. Michael Krümmer alias DJ Micha präsentiert die Musik, die von 1967 bis 1976 im Creamcheese gespielt wurde. Über Dia-Projektoren werfen wir psychedelische Bilder an die Wand.

Info: Die nächste Creamcheese Party „from the roots to the present“ mit DJ Micha findet am 3. November statt, An der Piwipp 5, ab 20 Uhr. Tickets kosten 15 Euro.

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